Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
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Domklofter.(Kreuzgang und Konventgebäude, Oſtflügeh. 335

Nördlich vom einſtigen Kapitelſaale war bis zur nächſten ſtarken Trennungs mauer nur ein kleinerer Raum mit Spitzbogentür übrig, in dem man das ſtets an dieſer Stelle belegene Sprechzimmer(parlatorium) der ſonſt zum Schweigen an­gehaltenen Mönche erkennen kann, das man namentlich in Ziſterzienſerklöſtern, wie Maulbronn , Bebenhauſen und Eberbach findet. In Klöſtern, die vornehmlich die Wiſſenſchaften und den Unterricht pflegten, tritt an ſeine Stelle, meiſt unter der Bezeichnungauditorium, ein kleiner Hörſaal, der für den Unterricht der inneren Kloſterſchule, zur Unterweiſung der Novizen und als Diſputierſaal diente. Auch in der Ziſterzienſerregel wird einauditorium juxta capitulum genannt. Die Prämon­ ſtratenſer waren allerdings den Wiſſenſchaften weniger zugetan als dem Feldbau und der geiſtlichen Tätigkeit, und hatten ſich anſcheinend hier unter den ſchwierigen Ver­hältniſſen ihrer erſten Miſſionstätigkeit mit dem Parlatorium neben dem Kapitel­ſaale begnügt.

Durch die oben beſchriebene Verſchiebung der Räume wurde nun hier, nördlich vom Kapitelſaale, ein größerer Raum gewonnen, den man nach der Analogie von anderen, beſonders von Benediktiner - und Kluniazenſerklöſtern, mit Sicherheit als Auditorium oder Lehrſaal anſehen darf. Nach altem Brauche mußte dem Kapitelſaale durch möglichſte Nähe der Kirche und Fernhaltung von allem weltlichen Getriebe feine Weihe gewahrt bleiben. Schon derOrdo Farfensis, jene im 14. Jahrhundert für das Kluniazenſerkloſter Farfa im Sabinergebirge aufgeſtellte Bauvorſchrift, ordnet das Auditorium gleich neben demcapitulum, alſo dieſem(von der Kirche aus jenſeits) unmittelbar benachbart an. Auch in der Ziſterzienſerregel(Usus ordinis Cisterc, cap. 114, Migne, Patrologia latina CLXVI, 1492) wird das Auditorium neben dem Kapitelſaal angeführt. Es iſt daher nicht Zufall, wenn wir in ſo manchen Klöſtern an dieſer Stelle einen entſprechenden Raum finden.

Die Einrichtung eines Auditoriums gelegentlich jenes Umbaues entſpricht nicht allein den Erwartungen, die man im Hinblick auf die damals in hohem Anſehen ſtehenden biſchöflichen Schulen Weſtdeutſchlands auch für Brandenburg hegen darf; vielmehr hat es damit noch eine beſondere Bewandtnis. Gerade von Gernand, dem ausgezeichneten und gelehrten Manne, der damals den biſchöflichen Stuhl Branden­ burgs inne hatte und eben dieſen Umbau des Kloſters und der Oſtteile des Domes um 1230 unternahm, rühmt die Brandenburger Biſchofschronik(Sello im XX. Jahres­bericht des Hiſt. Ver. zu B., S. 4, 7 und 46), daß er die ſeltene Würde eines Magiſters beſeſſen habe, überdies aber, daß er ſittenrein, milde, leutſelig, fleißig und von ſo feinen Sitten geweſen ſei, daß der Adel des Landes ihm(d. h. der Brandenburger Domſchule) feine Söhne zur Erziehungin litteris et moribus anvertraut habe. Darf man hiernach für Gernands Zeit in Brandenburg eineäußere Schule von Ruf annehmen, ſo iſt ebenſo zuverläſſig daraus zu ſchließen, daß ſich der humane und gelehrte Biſchof die Haltung einer guteninneren Schule für die Novizen angelegen ſein ließ.

Dem dafür beſtimmten Raume kam nun die Heizungsanlage zugute. Zur beſſeren Erhellung erhielt er in der Mitte ein großes breites Spitzbogenfenſter mit