Landwirtschaft.
von Or. Carl Brinkmann.
I. Die landwirtschaftliche Bevölkerung.
Die neuere Gesellschaftswissenschaft lehrt, daß für die wirtschaftliche Verfassung und besonders für die der Urproduktionen die soziale Schichtung der Wirtschaftspersonen eine der wesentlichsten Bedingungen ist. 5o wird auch eine märkische Agrargeschichte von der Entwicklung der sozialen Verhältnisse auszugehen haben. Hier ist nun aber zweierlei von Anfang zu trennen: Die rechtliche Abhängigkeit einer agrarischen Klasse von der anderen (G r u n d h e r r s ch a f t) und die tatsächliche Form der Bewirtschaftung vorwiegend durch die eine oder die andere Klasse (Grundbesitz).
Am Beginn der märkischen Geschichte, die keine Archäologie mehr ist, steht eine Tatsache, wie sie für die Bildung früher Gesellschaftszustände typisch sind. Die Unterwerfung eines fremden Volkes durch Kolonisation, d- i. zunächst unbedingte Grundherrschaft der Kolonisatoren. Aber schon diese Tatsache hatte in verschiedenen Fällen sehr verschiedene Bedeutung. Kolonisationsunternehmer war einmal der Landesherr, als Markgraf der Stellvertreter des Königs, dann auch der Adel, der Lehnsstaat des Markgrafen; so wenig ihre entgegengesetzten Rechtsstellungen damals gefühlt wurden oder auch nur bestanden, der eine war der Vorgänger der öffentlichen, der andere der der privaten Gewalthaber.
Dazu kam jedoch als komplizierendes Moment ein Gegensatz auch innerhalb der Kolonisationsarbeiter, d. i. des G r u n d b e s i tz e s. Die slaw ischen S tämme auf dem brandenburgischen Boden waren weder zahlreich noch reis genug, um unter der neuen deutschen Grundherrschaft die von dieser geforderten Mrtschaftsleistungen allein übernehmen zu können. Man geht wohl nicht fehl, wenn man sich vorstellt, daß die später so ausgebreitete Klasse der kleinen ackerlosen Hofbesitzer, der Kossäten und Gärtner, den weitaus größten Teil der unterworfenen Rasse enthielt. Da war Land, das intensivere Bebauung forderte, und da war anderes noch-wölliglunän- gebautes. Diese Situation brachte die großen deutschen und niederländischen Bauernwanderungen hierher. Je nachdem sie die Mark mehr oder weniger dicht besiedelten, gestaltete sich das Bild des agrarischen Betriebes. Je stärker nach Osten hin die slawischen Ackerbauer überwogen, mußte die extensive Großwirtschaft mit Unselbständigkeit der Untertanen vorherrschen. Hier war auch der verhältnismäßig kleine Rittersitz für etwa umliegende selbständige Bauernnahrungen eine gefährliche