308
Landwirtschaftswissenschaft, der Kameralistik, an den preußischen Universitäten seit dem Ende des s7. Jahrhunderts kam doch wohl noch nicht breiteren Kreisen, vielmehr in der Hauptsache lediglich den Staatsbeamten zugute. Als preußischer Geh. Hof- und Kammerrat führte Mitte des s8. Jahrhunderts der Begründer der „Expsri- mentalökonomie", I. G. von Eckhart, ein Vierfeldersystem mit Winterölfrucht im zweiten Feld versuchsweise ein?) Doch las Thomasius in Halle gleich anfangs in deutscher Sprache über Kameralistik, und die von Friedrich Wilhelm I. berufenen Kameralisten v. Gasser in Halle und Dithmar in Frankfurt unterwiesen viele künftige märkische Rittergutsbesitzer?)
Mit der Regierung Friedrichs des Großen trat eine Wendung in diesen Dingen ein. Zum ersten Male empfand die Praxis ganz allgemein das Hemmende der bisherigen Wirtschaftsführung. Der Körnerbau kam zu einem gewissen Stillstand. Der Boden war dem einförmigen Getreidebau zufolge an der Grenze der Erschöpfung. Vom s3. bis zum s7. Jahrhundert hatte die Mark Brandenburg unter den osteuropäischen Kornausfuhrländern einen bedeutenden Platz gehabt; nun exportierte sie in den besten Jahren vielleicht noch tOOO Last (— 3000 Wispel) insgesamt nach Lübeck, der Elb- und Odermündung, in schlechteren gar nichts mehr?) Freilich wurde durch den gleichzeitigen Merkantilismus der Getreidebau keineswegs protektionistisch ermutigt; die Kornpreise waren nach oben gebunden, wenngleich die Konkurrenz des ausländischen Getreides von dem inneren Markte meistens fernblieb. Aber nicht einmal dieser heimische Bedarf wurde von der märkischen Landwirtschaft voll befriedigt. Die intensivere des Herzogtums Magdeburg riß nicht nur die Versorgung Hamburgs an sich, sondern begann auch nach der Mark abzusetzen. Das mußte andere als bloß äußere Ursachen haben. Noch nach dem Tode des großen Königs ergab eine Berechnung der Bodengüte in der Kur mark etwa 7"/» minderwertiges Ackerland: 39 s 738 Morgen trugen Getreide alle drei Jahre, 774^5 alle fünf, 125 089 alle sechs, 57 559 alle neun und 5H 105 alle Zwölf — die Gesamtfläche wurde 1800 auf 9 933 23H Morgen angegeben?) Die Dekadenz des damaligen märkischen Getreidebaues vergegenwärtige die Übersicht, die Friedrich II. f776 über den mutmaßlichen Körnerertrag der märkischen Landschaften im Verhältnis zu ihrem mutmaßlichen Bedürfnis forderte. Die Schätzung beider Posten konnte natürlich nur einen Näherungswert haben, die des ersten war nachweislich durch die Verheimlichungen ängstlicher Privater zu niedrig ausgefallen; trotzdem lehren die Zahlen genug?)
9 Th. v. d. Goltz, Geschichte der deutschen Landwirtschaft I, Stuttgart-Berlin 1902, S. 248, ZU.
9 Meitzen II, Berlin I8S9, S. 9—12.
9 L. Bekmann, Historische Beschreibung der Rur- und Mark Brandenburg, Berlin 1751, I N45.
9 Borgstede a. a. V. 108 und L. Rrug, Betrachtungen über den Nationalreichtum des preußischen Staates I, Berlin 1805 , S. 56 .
9 G. Behre, Geschichte der Statistik in Brandenburg-Preußen, Berlin 1905, S. 229.