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in der Mark von den deutschen Einwanderern eröffnet. Zwar das charakteristische slawische Ackerinstrument, der mit zwei Ochsen bespannte Haken, erhielt sich, allerdings durch Einführung von Eisenteilen verbessert, in leichtem Lehm-, Ton- und Sandboden überall gegen den schweren und unbeweglichen deutschen Pflug. Die slawische Feldgraswirtschaft wurde doch in allen größeren Betrieben durch die Zwei- und Dreifelderwirtschaft der Eroberer ersetzt. Aber auch die konnte höheren Ansprüchen nicht länger als bis zum Ausgange des Mittelalters genügen. Abgesehen von dem Nachteil der großen Brachen in der Körnerproduktion selbst fand sich bald der Futterbau sehr vernachlässigt. Von dem Kräuter-, Hülsen- und Hackfruchtbau des Altertums hatte die römische Kirche auf ihren Ländereien nur gartenmäßige Reste gerettet, diese allerdings zu höchster Entfaltung gebracht; noch heute weisen Klostsrgärten wie der Thoriner die unerhörte Üppigkeit einer Jahrhunderte alten Kunstkultur auf. Für den Ackerbau im Felde hatte das Mitteltalter vor den technischen zunächst einmal die gewaltige soziale Aufgabe der Bildung einer agrarischen Bevölkerung zu lösen. Die ersten Versuche zur Verbesserung des Anbausystems im (6. Jahrhundert entsprachen dieser Lage. Die Staatsfürsorge der Gesinde-, Untertanen- und Schäfereiordnungen war ohne die nötigen technischen Vorbedingungen unfähig, eine rationellere Wirtschaft wirklich einzubürgern.
Die Umfangreiche informatorische Literatur der „Kräuterbücher" wiederum sprach — zum Teil in der mystischen lVeise der ganzen damaligen Naturwissenschaft —-wesentlich zu den Gelehrten und Liebhabern. Breiter auf die Erfahrung begründet und darum weiter wirksam, auch ausdrücklich vor allem auf den Bauern berechnet, erschien noch am Ende des Jahrhunderts das deutsche Hausbuch Johann Tolers, eines märkischen Geistlichen schlesischer Herkunft. Mit seinen wirt- schaftliäien Gedanken gehört dieser „Süßmilch der Landwirtschaft" ganz einer neuen Epoche und überragt die ganze „Hausväterliteratur" seiner schriftstellerischen Nachfolger. Zn den Zähren (569^72 hat er auf märkischem Boden erfolgreiche Versuche mit einem achtfachen Fruchtwechsel angestellt, in dem sich Gerste, Dinkel und Hafer mit Erbsen und Wicken ablösten und unter den acht Feldern jährlich nur ein einziges brach lag. Außer den Hülsenfrüchten kannte und baute er die wichtigsten Futterkräuter, Klee, Luzerne und Esparsette. Von solchen kühnen Neuerungen aus konnte er mit der völligen Entbehrlichkeit von Wald- und Weideservituten für die Viehhaltung rechnen. Aber erst nach zwei Zahrhunderten ist die märkische Landwirtschaft so weit gewesen, ihm folgen zu können?) Auch die Ausbildung einer besonderen
9 Die neuestens (Lchriften d. Der. f. d. <8esch. der Neumark XXI HS durch Berg) veröffentlichte Wirtschaftsordnung Johanns von Lüstrin von lehrt freilich, daß wenigstens in den landesherrlichen Ämtern Erbsen, Bohnen und Wicken, Rüben, brauner und weißer Kohl und Rübsen damals schon am regelmäßigen Feldbau Teil hatten.
Abb. Hs. Hakenxslug (nach Büsching).
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