Gewerbe.
von Vr. Larl Brinkmann.
I. Stadtgewerbe und Zunftwesen.
Der Gedanke Achtes, seinen „geschlossenen Handelsstaat" auf ein gesundes, als solches aber auch unverrückbares Verhältnis der Produktionen darin zu gründen, bezeichnet im wesentlichen das, was das ganze Mittelalter über Gewerbewesen nationalökonomisch für wahr zu halten gewohnt war. Ihre nähere Bestimmung aber empfing diese allgemeine Überzeugung von der Eigentümlichkeit der mittelalterlichen Stadtwirtschaft. Wollte man Gewerbe, so mußte man die und nur die wirtschaftliche Lebensform wollen, unter der sich das Mindestmaß verbrauchender Bevölkerung mit dem Mindestmaß von Unterhalt für die hervorbringenden begegnete, d. h. unter durchschnittlich günstigen Bedingungen des Warenverkehrs die Kleinstadt mit nicht wohl unter dem Tausend, ebensogut aber nicht über dem halben Zehntausend Bewohner. Diese Stadt wurde dann wenigstens der Theorie und Forderung nach mit ihrer ländlichen Umgebung durch ihre Märkte derart zusammengebunden, daß jener für ihren Bedarf an landwirtschaftlichen, dieser für den ihren an gewerblichen Erzeugnissen eine beständige Gewähr geleistet wurde. Zugrunde lag so keineswegs ein Streben nach Ausbeutung des Landes durch die Städte. Das beweisen auch in der Mark die bis zur Gewerbefreiheit aufrechterhaltenen städtischen Nahrungspolizeiordnungen mit ihren Vorschriften nicht nur über Preise, sondern auch über Vorräte für die wichtigsten Ernährungsgewerbe. Nur darf nicht vergessen werden, daß städtische Polizei doch erst unter dem Merkantilismus des ständischen und monarchischen Staates ein Organ wirklich unparteiischer öffentlicher Gewalt war. Denn eben: Während des ganzen eigentlichen Mittelalters war die Stadt nur das Band der Gewerbe, der Wille ihrer Gesellschaft schlechthin der der gewerblichen Wirtschaftspersonen. Sank ihre Volkszahl unter die untere Grenze ihrer Lebensmöglichkeit, so war das einfach gleichbedeutend mit der Tatsache, daß gewisse grundlegende Gewerbe aufgehört hatten, ihren Mann zu erhalten. Noch im s7. Jahrhundert war der Fall der herabgekommenen Landstädte gewöhnlich damit besiegelt, daß die Regierung ihnen die Ausübung der vorwiegend als städtisch geltenden Gewerbe untersagte. Ebenso entschied darüber, ob die Stadt nach oben jene enge Grenze eines lokalen Produktionsmittelpunkts zu übersteigen imstande war, schlechthin das von ihren Verkehrsverbindungen bedingte Glück einzelner Gewerbe.