Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
Seite
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rischen Wertes sind doch Zeichen einer Begabung zu finden, die ihm manchmal eine oder die andere Strophe gelingen ließ, so wenn er den heiligen Abend vor Weihnachten oder das heimatliche Dorf Hahrland schildert. Seine Balladen freilich sind eine unfreiwillige Travestie auf Bürgers Vorbild, seine Gklogen haben kaum einen künstlerischen Wert; aber hundert Jahre vor Hontane und Leistikow hat er den Reiz und Zauber der märki­schen Landschaft gefühlt also erst eigentlich entdeckt, wenn auch noch nicht geformt, er hat die jDichelsberge, die Woblitz, die Zungfernheide (<D du Gottesgarten, wild und schön") besungen und für das nahe Tegel die freundlichen Worte gefunden:

Dieses Dorfes graue Giebelhütten,

Von Holundersträuchen wild umwachsen,

Seiner Bauersleute biedre Sitten,

Seiner Hähne Kräh'n, der Hühner Gaxen, haben oft mich, kam der Sturm geflogen.

Aus der Stadt Getümmel hergezogen.

Sein stark ausgeprägtes Gefühl und Verständnis für die landschaftliche Schönheit der Mark zeigt sich am besten in dem schon genannten Gedichte auf das Dorf Hahrland; manche Hexameter daraus könnten von Voß stammen:

ha, ich kenne dich noch, als hätt' ich dich gestern verlassen,

Kenne das Hangende Pfarrhaus noch mit verwittertem Rohrdach,

Wo die treuste der Mütter die erste Nahrung mir schenkte.

Kenne die Balken des Giebels, wo längst der Regen den Kalk schon Losgewaschen, die Tür, mit großen Nägeln beschlagen,

Kenne das Gärtchen vorn mit dem spitzen Staket und die Laube,

Schräg mit Latten benagelt und rings vom Samen der dicken Ulme des Nachbars umstreut, den gierig die Hühner sich pickten."

' So erhebt sich doch etliche Male wenigstens die hausbackene Idylle dieses durch und durchagrarischen" Dichters, an dessen erdhaftem, derbem Naturalismus sich manche Zeitgenossen süeßen wenn er seiner Vorliebe für einen allzu stacken Provinzialismen folgte: es dammelt der Tauber, oder der Westwind hudelt den Apfelzweig zur Schilderung und Verkörperung eines ehrlichen Naturgefühls. Die Nkitlebenden standen gar verschieden zu Schmidts Kunst; Schlegel ließ außer in den unten angeführten Stellen auch noch in folgendem satirischen Kabinettstückchen seinen überlegenen Witz aus:

Wenn Pastor Schmidt Nit schwerem Tritt Die Straße tritt.

Stehn um ihn her Die Pflasterer:

Gott grüß' Euch, Herr!

Er spricht: Natur, Aus deiner Spur Schreit' ich einher! Und sieht in Ruh' Den Rammlern zu."

Wieland dagegen verteidigte ihn und hieß seine Art gut, und noch im Jahre 1862 hat Jakob Grimm über ihn geschrieben:Schmidt von Werneuchen ist ein wirklicher Dichter und ein begabter. Goethe hat zwar das Übermaß seiner Zufriedenheit mit der spärlichen märkischen Natur geistreich überlegen, verspottet; die roten Beeren, um den Hals seines Liebchens gereiht, gehen dem Sänger über die kostbarsten Korallen. Allem '