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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
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Erstes Kapitel. Frühzeit jüdischer Siedlung in der Mark.

Im Gegensatz zu den seßhaften Germanen der skandi­navischen Länder hat sich die Urbevölkerung der südlicher gelegenen Mark Brandenburg die Semnonen auf ihrer Scholle nicht gehalten. Die Wellen der Völkerwanderung haben sie über alle Teile Mitteleuropas, ja bis hinunter auf die Balkanhalbinsel, gespült. Slawen aus dem Osten Europas, vornehmlich Wenden, waren nachgerückt und hatten sich mit den spärlichen Überresten der einheimischen Bevölke­rung vermischt.

Auf den wenigen Verkehrsstraßen brachten Kauffahrer den goldgelben Bernstein von der ostpreußischen Küste in und durch die Mark. Von Hause aus unkriegerisch, hatten die Slawen dem Saitenspiel gehuldigt, bis ihnen kriegsgeübte Gäste aus dem römischen Reiche das Schwert in die Hand drückten. Sie fanden bald einen solchen Gefallen an Waffen, daß die einheimischen Schmiede den Bedarf nicht zu decken vermochten. Einfuhr von Dolchen, Schwertern und Lanzen wurde freudig begrüßt. Langsam regte der Handel seine Schwingen. In dem Warenabsatz sah der große Franken­kaiser ein Werkzeug, den Wohlstand und damit auch die Kultur seines ausgedehnten Reiches zu heben.

Da Otto I. die Juden als Vermittler des Warenaus­tausches schätzen gelernt hatte, gestattete er jüdischen Kaufleuten die Niederlassung in den großen Städten, z. B. in

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