Schutzbriefe, welche ihnen der jeweilige Kaiser gegen hohe Geldsummen ausstellte, sie weder vor Tötung und Beraubung, noch vor den Äußerungen grauenhaften Aberglaubens zu schützen vermochten. Ironie des Schicksals: mit einer solchen Ausgeburt der Massenpsychose ist das erste unzweifelhaft echte Zeugnis über das Vorhandensein von Juden in der Mark verknüpft. Ursache: Hostienschändung.
Um 1243 haben sich die Juden in Beelitz durch eine Magd angeblich eine Hostie besorgen lassen und das Heiligtum so zerstochen, daß ihm Blut entfloß*). Strafe: Verbrennung der Magd und ihrer Auftraggeber. Bischof Rutger von Brandenburg erteilte den Besuchern dieser blutenden Hostie Ablaß; doch legte er in seinem diesbezüglichen Breve den Hostienfrevel mit keiner Silbe den Juden zur Last. Erst viel, viel später bringt die Legende „etliche Juden“ mit ihm in Verbindung.
Da der Wunderglaube im Volke starkem Zweifel begegnete, sannen die Mönche auf ein Mittel, den religiösen Fanatismus zu beleben: wenn nicht tüchtig gespendet werde, finge die Hostie immer wieder zu bluten an!
Infolge des Zustroms der Gläubigen zu dem „Blutwunder“ konnte die damals allmächtige Kirche ein Erstarken äußerer Frömmigkeit feststellen. Da und dort zeitigten Hostienschändungen denselben Erfolg; so in Zehdenick. Während auch hier der Schuldige nicht als Jude bezeichnet wurde, mußte — der Sage nach — in Pritzwalk (1287) wegen der nämlichen wahnsinnigen Anschuldigung ein Sohn Israels sein Leben lassen. Dieser war aus Freiberg in Sachsen nach Techow, zwischen Wittstock und Pritzwalk, gekommen, hatte im Dorfgasthause genächtigt und angeblich in der Nacht die Monstranz mit dem Sakrament aus der Kirche
*) Das angebliche „Blut“ rührt bekanntlich von einem farbstoffbildenden Pilz her, der auf Brot wächst, wenn der Sauerstoff der Luft Zutritt hat.
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