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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
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als je zuvor empfand und in ihrem Ausschluß von allen ehr­lichen Berufen einen Schutzwall gegen die wirtschaftlichen und sozialen Nöte der Zeit erblickte. Die christlichen Hand­werker schlossen sich zu Innungen, die Gewerbetreibenden in Zünften zusammen. Nur ein Gewerbe wurde von der allgemeinen Zusammenschlußtendenz nicht erfaßt: das Bankwesen. Da die Kreuzzüge, wie alle Kriege, wirtschaft­liche Not zur Folge hatten, war Geld sehr knapp. Die Juden, die immer mäßig und sparsam gelebt hatten, waren in der Lage, den Geldbedarf des Einzelnen wie der Macht­haber zu decken. Päpste und Kaiser verbrieften ihnen das Recht hierzu und setzten den Zinsfuß fest. Die Beleihung erfolgte in der Regel von Woche zu Woche oder Monat zu Monat. Der Staat erlaubte den Juden, pro Woche 2 Pfen­nige für das Pfund Pfennige, also etwa 43 vom Hundert Zinsen zu fordern. Bei kleineren und mittleren Schulden und Schuldnern wurde ein Faustpfand verlangt. Der Junker brachte seinen Helm oder sein Wappenschild, der Bürger die von den Vorfahren überkommene goldene Kette, die Haus­frau ihren Pelz oder ihr Leinentuch.

Ein im August 1322 für die Städte Berlin-Kölln und Bran­denburg a. d. H. erlassene Münzordnung stellt die Forde­rung auf, die Juden sollen sichmit ihren Zinsgeschäften begnügen und Handelsgewähr üben,wie dies jeder anstän­dige Mensch tun muß. (Sie scolen sich eres wukeres be- gan.) Hierzu ist zu bemerken, daßwuker im Mittelalter keineswegs die üble Bedeutung hat, die wir ihm heute bei­legen.Wucher bedeutete damalsZins, wieSchimpf damalsScherz hieß. Das damalige Schöppenrecht gibt die Begriffsbestimmung:Wuker is, wat ein man uphevet mer, wen he utlech, it si kleine oder grot.Wucher ist, was jemand mehr aufnimmt, wenn er ausleiht, es sei wenig oder vieLWucher war also das ganze Geldgeschäft. Also Be­leihung, Kreditierung, Einwechseln fremder Geldsorten in

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