Drittes Kapitel.
Stille vor dem Sturm.
Hand in Hand mit der wirtschaftlichen Verarmung der märkischen Juden ging eine physische Verelendung.
Sei es, daß eine Seuche die Juden heimsuchte oder der Genuß von verdorbenem, vielleicht aus Polen eingeführtem Fleisch sie aufs Krankenlager warf — in Spandau allein starben im Jahre 1439 ihrer 50 —, genug, es ging damals ein großes Sterben durch ihre Gemeinden. Wer verschont blieb, der wurde ein paar Jahre später (1446) das Opfer eines „trockenen“ Gewaltakts, indem — laut Bericht des Brandenburger Bischofs Bodeker — „sämtliche Juden in der Mark gefangen, aller ihrer Besitztümer beraubt und eingesperrt“ wurden. Unzweifelhaft bildete diese Maßnahme den Auftakt zu einer allgemeinen Vertreibung der Juden aus der Mark.
Die Handhabe hierzu boten zwei behördliche Verfügungen. Bereits 1443 hatte der Deutsche Kaiser dem Kurfürsten Friedrich II. mitgeteilt, er habe die Juden im Erzstift Magdeburg wegen Mißachtung seiner Befehle in Acht und Bann getan. Nun sollte auch er, der Kurfürst, gleich allen anderen Reichsfürsten, „dieselbe Judischeit“ aus seinen Landen vertreiben; seine Städte und Untertanen sollen die Juden als „Echter“ („Geächtete“) behandeln, d. h. ihnen keinen Schutz gewähren, bis er (der Kaiser) den Bann aufhebe.
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