Unter Berufung auf einen — angeblich — vom Kaiser und vom Papst erlassenen Judenausweisungsbefehl ordnet der Kurfürst die Vertreibung an. Ob und in welchem Umfange sie erfolgt ist, läßt sich urkundlich nicht belegen*); es ist sogar anzunehmen, daß der Kurfürst die Ausweisung, wenn überhaupt, dann in sehr milden Formen vorgenommen hat, wäre auch den Städten mit ihrer strengen Durchführung ein Gefallen geschehen. Während die Kirche sonst jede Maßregel gegen die „Ketzer“ guthieß, geißelte der Bischof Bodeker, ein Kenner des Hebräischen und anscheinend kein Judenfeind, die Vertreibung als eine „Untat“.
Der Ausweisungsbefehl — wenn der Kurfürst einen solchen erlassen hat — war bestimmt nicht ernst gemeint. Das erhellt aus der Tatsache, daß bereits 1447 eine Neuaufnahme von Juden in Brandenburg erfolgte. Ihr Ansiedlungsrayon und ihre Seelenzahl war jetzt sogar größer als je zuvor.
Im folgenden Jahre übergab der Kurfürst Friedrich II. der Stadt Kottbus den Juden Jordan und nahm ihn unter Schutz; Bürgermeister und Ratmannen hatten darum gebeten, weil die Familie Jordan dort bereits gewohnt hatte, als Kottbus durch Kauf an Brandenburg fiel (1445).
Da das Geldgeschäft auch ferner der Haupterwerbszweig der Juden blieb, so war von einem Abflauen der judenfeindlichen Strömung im märkischen Volke keine Rede. Im Gegenteil. Mit den Zünften und Innungen traten jetzt die Landstände in politischen Wettbewerb. Mochten auch scharfe Meinungsverschiedenheiten die Machtträger entzweien: wenn es den Kampf gegen die unerwünschten Eindringlinge galt, fanden sie sich in so brüderlicher Eintracht, daß sie sogar dem Landesherrn ihren Willen aufzuzwingen
*) Der Historiker Werner Heise räumt dieser Judenvertreibung insofern eine Bedeutung ein, als von da ab das 1440 von Friedrich II. bestätigte große Judenschutzgesetz in Vergessenheit geriet und nun nie wieder erneuert wurde.