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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
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zurückgeben zu dürfen. Als Zinsfuß setzte Johann Cicero drei Pfennige wöchentlich für ein Schock fest. Doch be­weisen die beim Kurfürsten erhobenen Beschwerden, daß die Geldverleiher diesen Prozentsatz gelegentlich über­schritten.

Das BibelwortWeh dem Lande, dessen Herrscher ein Kind ist (Spr. Sal. 16,10), fand eine traurige Bestätigung in der Mark Brandenburg. Hier bestieg im Jahre 1499 ein fünfzehnjähriger Kurfürst, Joachim I., den Thron. In Regierungsgeschäften unerfahren, war ein so junger Monarch zwangsläufig ein Spielball in den Händen seiner Stände und Räte.

In welcher Lage fand er seine Lande vor? Nach außen ruhig, denn Brandenburg war nur ein kleiner Machtfaktor im Rahmen der deutschen Reichspolitik, deren Fäden in der Hand des mächtigen Kaisers zusammenliefen. Im Innern ein rechtloser Bauernstand in der Fron des Großgrund­besitzers, dem Jagden, Sauhatzen, Turniere, Becher und Würfel zur Bewirtschaftung seiner Güter kaum Zeit ließen.

Bei den Städtern wars nicht besser. Der Abt Johann von Sponheim, ein gelehrter, weitgereister Humanist, urteilt um 1505 über die Stadtleute in der Mark:Die Men­schen sind hier zwar nicht schlecht von Herzen, aber sie sind sehr roh. An Schmausereien haben sie weit mehr Ge­fallen, als an wissenschaftlicher Beschäftigung. Bäuerische Manieren sind ihnen angeboren. Das Nichtstun und der Becher bilden ihre höchsten Freuden. Die Franken und die Schwaben, welche in das Land eingewandert sind, trinken indessen oft noch viel mehr als die geborenen Märker. Faul sind die Märker sehr, darum auch arm.

Für den lange empfundenen wirtschaftlichen Niedergang der Mark wurden die Juden verantwortlich gemacht. Es war den Städten ein Leichtes, bei dem jungen Monarchen die Ausweisung der Juden aus seinen Landen durchzusetzen.

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