und die ungeduldigen Stände auf den bevorstehenden Ablauf der befristeten Schutzbriefe vertröstet. So wollte sich auch sein Nachfolger nicht zu dem Radikalmittel gewaltsamer Judenaustreibung verstehen, höchstens zur Festsetzung einer Höchstgrenze des Zinsfußes.
Die Forderung hoher Zinsen war eine Notwehr. Im Reiche kam es oft genug vor, daß die Juden über Nacht ohne einen Pfennig in der Tasche aus einer Stadt vertrieben wurden. Der Böhmenkönig Wenzel erklärte einmal alle bei Juden kontrahierten Schulden für null und nichtig. Ein Ritter, der bei einem Geldmann ein Darlehn aufnehmen wollte, fragte: „Könnt ihr mir das Geld nicht billiger geben?“ Antwort: „Ja, wenn ihr mir garantieret, daß wir nicht alle Jahre einmal ausgeplündert und aus der Stadt vertrieben werden.“
Man verzieh dem Juden, daß er Zinsen nahm und dadurch zu Wohlstand kam; man ärgerte sich nur darüber, „daß er all das nicht heimlich, sondern ganz offen tat, daß er sich zu allen diesen Dingen offen bekannte und daß er rücksichtslos und unbarmherzig sein geschäftliches Interesse verfolgte“ (Sombart). Als sich nun die Christen gleichfalls aufs „Wuchern“ legten und dies „ärger trieben als die Juden“ (wie Sebastian Brant und Geyler von Kaisersberg feststellen), erregte ihr Gebaren deshalb so viel Anstoß, weil sie sich den Anschein frommer Christen gaben: „dann ein Jud setzt sein Seel öffentlich darauff, und schembt sich solches nicht, aber diese Wucherhels richten solches alles auss unter dem schein des Christlichen nam- mens.“
Wurde der jüdische Wucher eingedämmt, so traten christliche Geschäftsleute an die Stelle der Juden. Auch jene Glücksritter verstanden sich auf Geldgeschäfte größten Stils so gut, daß Johann Cicero den Ständen zurufen konnte:
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