„Die Christen bedrücken euch mit ihren ,Scheinkäufen‘ ja noch härter, als die Juden mit ihren Zinsen!“
Angesichts des christlichen Wuchers schrieb der Papst Innocenz III. an den Bischof von Arras: „Wollte man wirklich die schweren Androhungen durchführen und die Wucherer vom Kirchenbesuch ausschließen, so müßten die Kirchen überhaupt geschlossen werden.“ Von der Kanzel herab eiferten Geistliche — und nahmen selber so hohe Zinsen, daß die Konzilien einschreiten mußten.
Wie sah es in der Mark aus? Noch im 15. Jahrhundert beklagt sich AlbrechtAchilles beim Papst: die Geistlichen „gebrauchen des Wuchers zu mannigfaltig weis hy Innen Im Land so gar gröblich das es sund vnd schand ist.“ Ja, Mitte des 16. Jahrhunderts stellt Joachim II. in einem Schreiben an die Stadt Frankfurt fest:
„Mit Verringerung aber und Verderbung der Münze, Wuchern und anderen unziemlichen Händeln und Aufsätzen sind die Christen nunmehr der Juden Meister, soweit dass die armen Juden, denen es auch an großen Hauptsummen (Kapitalien) mangelt, diesfalls gegenüber den Christen nur als Schüler zu achten sind. So dürft Ihr auch solche Meister nicht weit suchen; Ihr werdet sie bei Euch (innerhalb) der Ringmauer finden können, deren Vermögen viel geringer sein würde, wenn sie sich des jüdischen Wuchers und anderer jüdischer Händel nicht mehr und unziemlicher befleißigten, als es die Juden selbst tun können und dürfen.“ Aber nicht genug, daß die Träger des Wuchergewerbes ihre Rollen vertauschten, ihr Kundenkreis vergrößerte sich noch um die Junker, d. h. die Großgrundbesitzer. Diese hatten sich bei der damals aufkommenden Intensivierung der Güterbewirtschaftung verspekuliert und suchten nun ihre Fehleinnahmen durch Kredite bei den Geldverleihem auszugleichen. Mochte jetzt der Wucherer nicht mehr Isaak oder David, sondern Meinhard oder Theuerkauff heißen —
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