Viertes Kapitel.
.. und will sein Opfer haben.“
Bisher hat sich die Geschichte der märkischen Judenheit hauptsächlich in den kleineren Städten abgespielt. Die Einwanderer hatten sich in Brandenburg a. d. H., Frankfurt a. d. Oder, Stendal, Salzwedel, Perleberg, Tangermünde usw. angesiedelt. Berlin-Kölln beherbergte nur wenige Juden. Von diesen ist die Rede, wenn die Stadt Spandau die Bestattung der Berliner Juden auf dem dortigen jüdischen Friedhof besteuerte (vgl. S. 20).
Im beginnenden 16. Jahrhundert rückte eine entsetzliche Tragödie die kurfürstliche Residenzstadt — und mit ihr die Berliner Juden — in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses.
Was war geschehen?
Am 13. Februar 1510 wurde dem Kurfürsten Joachim I. ein in der Kirche des havelländischen Dorfes Knoblauch begangener Einbruch gemeldet. Der Dieb hatte eine vergoldete, kupferne Monstranz und einen gleichfalls vergoldeten Behälter mit zwei Hostien entwendet. Als „corpus delicti“ wurde ein Messer und ein Lötkolben gefunden. Sofort ließ der Kurfürst Nachforschungen nach den verschwundenen Heiligtümern anstellen. Schon zwei Tage später wurden Stücke der gestohlenen Monstranz am Scheunentor in Bernau — nach anderen legendären Angaben in den Zweigen eines Baumes an der Stadtmauer hängend — entdeckt.
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