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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
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will ein Hostienstück sogar an eine 24köpfige Hochzeits­gesellschaft nach Osterburg geschickt haben. Seinen Aus­sagen nach wanderte das nach Stendal gesandte Stück immer unverletzt nach Braunschweig, ja nach Frank­furt a. M., weiter.

Unter den schrecklichsten Martern bekennen andere Juden, sie hätten von fremden Leuten christliche Kinder ge­kauft dabei war nirgends ein Kind als vermißt gemeldet!! ihnen das Blut abgezapft, dies in Krankheitsfällen ge­trunken oder mit Paradiesäpfeln, Ingwer und Honig ein­gekocht. Wieder andere wollten gleichfalls das Christkind­lein oder die Jungfrau Marianebst vier lieblichen Jungfern gesehen haben.

Freudestrahlend reiben sich die Städter die Hände. Ver­nichtung der Juden, noch dazu im Wege eines ordnungs­mäßigen Gerichtsverfahrens? Mehr können sie nicht ver­langen. Sie tragen ja nicht die Verantwortung für ein Fehl­urteil. Physische und seelische Folterqualen schmerzen ja sie nicht! Keiner der vielen untersuchenden und aburteilen­den Gerichtsbeamten kommt auf den Gedanken, die be­schuldigten Juden können vielleicht unschuldig sein. Auch überlegt sich keiner der Herren Bürgermeister, Ratmannen, Richter, Schöppen und Geistlichen, daß sie unter dem Zwange der Folter genau dieselbenGeständnisse gemacht haben würden wie die armen Juden!

Scheelen Auges mögen die Berliner Stadtbehörden auf die Leistungen ihrer Kollegen in der Mark geblickt haben! Diese können sich der von ihnen angeblich geschützten Juden auf so bequeme Weise entledigen; zu ihrem Leid­wesen war unter den Angeschuldigten kein einziger Berliner.

Hat da nicht einer der Angeklagten das StichwortEr­mordung christlicher Kinder gegeben? Gierig greift es der Berliner Rat auf, und nun bekommt auch die Residenzstadt

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