„Nein.“
„Was denn?“
„Wir wollen sterben.“
„Die Verhandlung ist geschlossen“, verkündet der Bürgermeister geschäftsmäßig.
Für die dem Tode Geweihten hatten die unmenschlichen Qualen keine Schrecknisse. Als (in späterer Zeit) anläßlich einer großen Gefahr, in der die Juden in Frankfurt a. M. schwebten, ein Schüler Furcht vor einem Martyrium hegte, richtete ihn der Rabbinatsassessor Joseph Hahn auf: „Mache dir darüber keine Angst. Wir haben eine bewährte Überlieferung, daß diejenigen, die einmal fest entschlossen sind, den Namen Gottes zu heiligen, in dieser Gott zugewandten Stimmung keinerlei Erdenschmerz mehr empfinden.“
Acht Tage später (am 19. Juli) werden die Verurteilten zum Scheiterhaufen geführt. Im Bewußtsein ihrer Schuldlosigkeit und im Hochgefühl des Glückes, ihre Treue gegen ihren Gott und ihren Glauben mit dem Opfer ihres Lebens besiegeln zu können, schreiten die 38 jüdischen Märtyrer, Psalmen singend, zum Richtplatz auf dem Neuen Markt. Drei Juden (Jakob aus Brandenburg, Josef aus Seehausen und ein gewisser Moses unbekannten Wohnortes) hatten sich taufen lassen, um freigesprochen zu werden, zum Mindesten eines weniger schmerzhaften Todes zu sterben. Jakob, der sich schon während der Untersuchung als „Christenfreund“ angebiedert hatte — er habe „niemals der Christen Essen und Trinken gemieden“, die Jungfrau Maria sei ihm erschienen — spendete reiche Gaben für die Franziskanerklöster in Berlin, Brandenburg und Kottbus. Durch Vermittlung des ihm persönlich bekannten Bischofs Hieronymus von Brandenburg hoffte er dem Tode zu entgehen. Ver-
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