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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
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(Landes-)Herm Wissen und Wollen, bei Verlust desjenigen, so er geliehen. Die Judensollten sich allein der Wochen- und Jahrmärkte bedienen, sich des Kaufens und Verkaufens in den Dörfern bei Verlust der gekauften Ware gänz­lich enthalten; um Geldschuld sollten sie, wie vordem ge­bräuchlich gewesen, vor dem Vogt stille stehn und ant­worten, wovon aber die fürstlichen Kammerjuden ausge­nommen und frei wären.

Schon wiederKammerjuden, also Kammerknechte? Trotz Ausweisung und Urfehde,sich der Lande meiden und entslahen?

Ein neuer Kurfürst, Joachim II., war auf den Thron gestiegen. Der Kaiser hatte ihn zur Würde eines Reichs­feldmarschalls erhoben. Fürstlicher Prunk sollte ihr ein be­sonderes Relief verleihen. Seine Beteiligung an einem Tür­kenkriege hatte Unsummen verschlungen. Kein Wunder, daß der neue Herr darauf sann, neue Einnahmequellen zu er­schließen.

Eine Gelegenheit hierzu bot der Fürstentag zu Frank­furt a. M., Februar bis April 1539, an dem der neue Kurfürst teilnahm. Anwesend war hierbei auch Josel von Rosheim, der damals vor den Reichstagen und anderen Machthabern die Rechte seiner Glaubensgenossen vertrat. Zum Erstaunen des brandenburgischen Kurfürsten legte er dar: Die 38 Ju­den, die 1510 in Berlin auf dem Scheiterhaufen starben, waren unschuldig. Der einzige Schuldige, der Kesselflicker Paul Fromm, hat seine Beschuldigung gegen Salomon aus Spandau in der Beichte zurückgenommen; aber der Bischof Hieronymus verbot dem Beichtvater, dies dem Kurfürsten Joachim I. zu melden. Neben Josel von Rosheim hat Me- lanchthon den damaligen Justizmord an so vielen Juden glaubhaftig fürgebracht. Damit der Kurfürst das Unrecht einigermaßen sühne, erbat Josel von ihm für diegemeine

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