Sechstes Kapitel.
Münzmeister Lippold.
Ein Zufall hat es gefügt, daß nach Michaels tragischem Tode Kurfürst Joachim II. abermals einen jüdischen Finanzmann in seine Umgebung zog und seines Vertrauens würdigte: Lippold. Einer Münzangelegenheit wegen hatte er Prag verlassen und war in Berlin gelandet.
Dem ewig geldbedürftigen Kurfürsten kam er gerade recht. Bald war ihm Lippold unentbehrlich. Schon deshalb, weil er seinen Herrn der Mühe überhob, den einzelnen aufgenommenen und noch einwandernden Juden zu besteuern. Das mußte fortan Lippold nach genauer Prüfung der Vermögenslage seiner Glaubensgenossen selber besorgen und zu bestimmten Terminen die eingezogenen Judensteuern abliefem. Um diesem Vertrauensposten die erforderliche Autorität zu verleihen, ernannte der Kurfürst „unseren lieben, getreuen Lippold“ — wie es in der Bestallungsurkunde heißt — zum Obersten aller Juden in der Mark. Zunächst auf zehn Jahre.
Die Dienstanweisung macht es ihm zur Pflicht, darüber zu wachen, daß kein Christ und kein Jude Bruchsilber und alte Münzen außer Landes bringe, und, wenn solches geschehe, sofort anzuzeigen. Die Juden betreffend, soll er die Anzahl der im Genuß eines Schutzbriefes Stehenden feststellen, die um einen solchen Ersuchenden über ihren bisherigen Wohnsitz, namentlich über ihre Vermögensverhält-
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