Druckschrift 
Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
Seite
86
Einzelbild herunterladen

des strengen Winters wurden wenigstens die Frauen und Kinder entlassen und fortan in ihren Häusern bewacht. In­zwischen war den Frankfurter Juden anbefohlen worden, binnen 3n 1/2 Monaten die Mark zu verlassen. Es wurde ihne verboten, Pfänder zu verkaufen oder ins Ausland zu über­führen. Ihren Schuldnern wurde die Zurückgewinnung ihrer Pfänder leicht gemacht; im Unvermögensfalle erhielten sie diese kostenlos zurück.

In Berlin ging nach Lippolds Hinrichtung der Diebs­henker durch die Straßen und klingelte den kurfürstlichen Befehl aus: Die Juden dürfen sich vom nächsten Sonntag ab nicht mehr im Lande sehen lassen, sie sollen sich allsogleich davonmachen undpacken.

Vorher mußten sie den Gerichten die Inventarisierungs­und Untersuchungskosten sowiestarke Abzugsgelder ent­richten. Nicht einmal gegen Zahlung höherer Schutzgelder wollte man sie fürderhin im Lande dulden. Nur wenn sie das Christentum annahmen, durften sie in der Mark wohnen und weiter im Besitz ihres Vermögens verbleiben.

Es gereicht den Juden der Mark zur Ehre, daß sie es ab­lehnten, Sicherheit von Wohnung und Besitz um den Preis ihres heiligsten Gutes zu erkaufen. Das Unglück ihres einst so allmächtigen, wenn auch persönlich unsympathischen Glaubensgenossen und die beständige Angst vor einem ähn­lichen unverdienten Schicksal hatten die märkischen Juden zu einer trutzigen Schicksalsgemeinschaft zusammen­geschweißt. Unmöglich sind alle Juden einer Stadt Geld­verleiher oder Fleischer gewesen. Es hat unter ihnen be­stimmt auch Minderbemittelte, Arme und Verarmte ge­geben. In echt jüdischer Brüderlichkeit haben die paar Wohlhabenden für die wirtschaftlich Schwachen mitgesorgt. Erst recht in den Zeiten höchster Gefahr blieben alle Juden der Mark auf Gedeih und Verderb mit ihrer ewigen Volks-