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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
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gemeinschaft verbunden, felsenfest verankert im Bekenntnis ihres Glaubens.

So erwies sich die Katastrophe von 1573 als ein Prüfstein ihrer Treue.

Die meisten Juden wanderten nach Prag aus. Viele gingen nach Polen, wo ihnen König e Kasimir der Groß e viel Privilegien einräumte. Überdies konnten sie von hier aus leicht wieder in die Markhineinschlüpfen.

Fast mittellos zog die Witwe Lippolds mit ihren neun un­mündigen Kindern nach Wien. Hier bat sie den Kaiser Ma­ximilian II. um Fürsprache, damit ihr der Kurfürst Jo­hann Georg die Hinterlassenschaft ihres Mannes, der Jo­achim II. Inn die zwanzig Jar treulich und woll gedienet, zu­rückerstatte. Der Nachlaß habeetliche viel tausend Taler betragen. Der Kaiser übersandte dem Kurfürsten die Ein­gabe, versehen mit einem Anschreiben: er habe sich anfäng­lich nicht in die Angelegenheit einmischen wollen; da aber Frau Lippold "so vielmal unableßlich angehalten und sich so hoch beschwert zu sein vermaint, und er, der Kaiser,des vielfeltigen Anlauffens und behelligens einmal enthebt werde, möge er der Frau zu ihrem Rechte verhelfen, sei er doch überzeugt, der Kurfürst werde tun,was an sich selbst pillig und recht sein wurdt. Der Kurfürst lehnte eine Zah­lung ab: er habe von Lippolds Nachlaß den armen Unter­tanen,deren Ehr ghar viel schädlich und bößlich ausge­wuchert, Ihre Pfende und was er Ihnen schuldigk gewesen, wieder zustellen und betzalen lassen. Was darüber noch an Pfändern vorhanden,das sich gleichwol wohl in 1000 Taler erstreckt", habe er der Wittwe und ihren Kindern einhän­digen und sie mit dem Gelde aus dem Lande führen lassen.

In diesem Schreiben an den Kaiser unterstellt der Kur­fürst, fünfviertel Jahre nach Lippolds Hinrichtung, alle die haßerfüllten Gerüchte über ihn als wahr: Joachims II.vor­zeitig Todesfall, dem der bösewichts Jude durch angreif-

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