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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
Seite
91
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einmal auftauchte (vgl. S. 45 u. 48), wurde hundert Jahre später Gegenstand behördlicher Prüfung.

Änderte sich die Lage Berlins und der Mark Branden­burg durch den Wegzug der Juden?

Wirtschaftlich kaum. Es tobte der 30 jährige Krieg. Die Not war grenzenlos. Darum jubelte Markgraf Emst laut auf, als 1641 ein Hamburger Schiff mit Salz und an­deren Waren nach Kölln kam und 550 Taler Lizenz (Ver- kaufssteuer) entrichtete! Berlin wurde von den Schweden gebrandschatzt.* Mit schonungsloser Härte trieben sie die Kontributionsgelder ein. Im Jahre 1645 beliefen sich diese auf 300000 Taler. Und dabei kostete das kleine, kurz zuvor angeworbene stehende Heer sehr viel Geld, ebenso die Ver­pflegung der schwedischen Befehlshaber an der kurfürst­lichen Tafel und der Unterhalt der bei den Friedensverhand­lungen zu Münster und Osnabrück den brandenburgischen Kurfürsten vertretenden Gesandten.

Der Kurfürst schrieb eine Kopfsteuer aus: für den Ver­heirateten 3, für den Unverheirateten 1n 1/2 Groschen. Nebe der Bierziese wurde eine allgemeine Verbrauchssteuer sowie eine Geldabgabe von jedem Scheffel Korn oder Malz für das Heer abgefordert. Nicht genug: der Landesherr ver­pfändete, was er an Privatbesitz entbehren konnte; er nahm Anleihen bei Junkern, Geschäftsleuten und Privatpersonen gewiß nicht zinslos auf.

Und wie stands mit den sittlichen Zuständen in der Mark? Der Kanzler der Neumark, Hans Georg von dem Borne, ruft in einer SchriftÜber den gegenwärtigen betrübten und kümmerlichen Zustand der Chur und Mark Brandenburg (1641) aus:Die Gottlosigkeit hat die Gewissen ruiniert! Man kann nicht über die Gassen gehen, daß man nicht hohe, schwere und grausame Lästerungen wider Gott sowie erschröckliche Flüche wider den Nächsten hören müsse.