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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
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Daneben ein abscheulicher und grausamer Aberglaube; der Satan gebraucht besonders die Zauberei, um den Seelen Fallstricke zu legen.Alle vorgenannten Exzesse überwieget aber die Trunkenheit. Man invitiert, solange ins Gelag hin­ein zu trinken, bis man sich endlich ganz blind und toll und voll gesoffen. Da müssen dann die großen Pokale herum­gehen, und hat derjenige eine tapfere Tat begangen, der den meisten Wein ausgesoffen. Ja, man spielet wohl auch mit Würfeln darum, wieviel ein jeder trinken solle.

Krieg zeitigt immer sittliche Verwilderung und wirt­schaftlichen Niedergang. Daß unter der Not des Dreißig­jährigen Krieges auch die paar in den Marken Handel trei­benden Juden litten, nimmt nicht wunder. Als sie ihrePrä- standa nicht entrichten konnten, entzog ihnen der Kurfürst Georg Wilhelm das Geleit. Ihre Wortführer aber über­reichten seiner Gemahlin Elisabeth Charlotte, als diese auf ihrer Reise nach Ostpreußen durch Driesen fuhr, eine Bittschrift um Fürsprache bei ihrem Gatten. Da die Kurfürstinnicht ausweichen konnte, versprach sie den armen Handelsleuten, sich für sie zu verwenden. Sie hielt Wort. Georg Wilhelm bestätigte die Schutzbriefe unter der Bedingung, daß die Inhaber ihre rückständigen Steuern ent­richteten. Die Amtsräte und Kammern aber wies er an, die Geleitsgelder von je 150 Talern um das Zwei- und Dreifache zu erhöhen!

Beim Regierungsantritt des Großen Kurfürsten, Fried­rich Wilhelm (1640), schlug ihm der Statthalter, Mark­graf Ernst, vor, zwecks Erhöhung seiner Einkünfte wieder Juden in der Mark aufzunehmen. Der neue Herr antwortete: Unsere Vorfahren haben gewisse und wichtige Ursachen gehabt, die Juden zu exterminieren, und dabei lassen wirs billig beruhen und bewenden. So streng ging er vor, daß er (1644) der Kriegs- und Domänenkammer in Küstrineinen

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