Zünfte und des Klerus nachzugeben und unterm 28. Februar 1670 die Ausweisung der gesamten Judenschaft aus Wien zu verfügen.
Dreitausend Juden mußten zum Wanderstabe greifen. Noch immer war Polen das gelobte Land religiöser Toleranz. Aber auch der brandenburgische Kurfürst galt als duldsam. Eine Abordnung der Schicksalsgenossen wandte sich an den brandenburgischen Ministerresidenten in Wien, Andreas Neumann, mit der Bitte, beim Kurfürsten Friedrich Wilhelm die Aufnahme einer Anzahl von Juden in seine Staaten zu gestatten. Ihr Bittgesuch durchhallt die ewige jüdische Klage: „Uns ist gleichsam der Erdboden und die Welt verschlossen, und doch hat Gott beides für alle Menschen geschaffen. Allen natürlichen Rechten zuwider, werden wir grausam behandelt.“
Der Resident gab die Eingabe weiter. Kurfürst Friedrich Wilhelm verfügte unterm 19. April 1671, er sei geneigt, 40 bis 50 österreichischen Judenfamilien — sofern sie wohlhabend sind, ihre Mittel ins Land bringen und hier anlegen wollen — das Aufenthaltsrecht zu gewähren. Der Bau von Synagogen könne ihnen nicht erlaubt werden — der Wiener Tempel war bereits in eine St. Leopoldskirche umgewandelt worden! — dagegen bleibe ihnen Religionsausübung in ihren Häusern unbenommen, wofern sie sich gemäß den Statuten, „so im Reiche Herkommens wären“, verhielten. Dies sagten sie bereitwillig zu.
Nunmehr reisten drei Abgesandte der Österreicher — Benedikt Veit, Abraham Rieß und Lazarus Hirscheln — nach Berlin. Im Auftrage des Landesherr unterhandelten mit ihnen die Mitglieder des Staatsrats, an ihrer Spitze der Kanzler Otto von Schwerin. Alle wohlwollend und entgegenkommend. Keiner der früheren Regierungen war an einer kulturellen Hebung der Juden ge-