Einen einwandfreien Händlertyp zu erziehen, hielten die vornehmen Wiener Juden in Berlin für eine Pflicht der Dankbarkeit dem Lande gegenüber, das ihnen gastlich seine Grenzen öffnete. Daher baten die Ältesten der Berliner Judenschaft den Kurfürsten, er möge anordnen, daß fremde Juden künftighin nur dann in die Marken aufgenommen werden, wenn sie ein von den Ältesten ausgestelltes Unbedenklichkeitsattest vorweisen. Eine solche Lösung der Un- vergleitetenfrage konnte dem Landesherm nur lieb sein. Wie aber, wenn ein von der Jüdischen Gemeinde empfohlener Glaubensgenosse sich als ein Bösewicht erwies? Für diesen Fall machte die Regierung die Gesamtjudenschaft verantwortlich. Sie verordnete, „es sollen alle hierwohnende Juden schuldig seyn, wan einer von solchen Juden, dem sie ein attestatum seiner redligkeit und seines Vermögens gegeben haben, sich nicht ehrlich verhalten sollte, sondern Unfug angerichtet haben würde, daß Sie alsdann insgesamt vor denselben hafften und stehen sollen“. Auf Grund dieser Verfügung mußte die Judenschaft für einen gewissen Aaron Markus, „der Gestohlenes an sich gebracht hat“, 100 Taler Strafe zahlen.
Auch mit der angedrohten Ausweisung der unberechtigt Eingewanderten wurde Ernst gemacht. Zwei Juden ohne Asylrecht mußten Berlin innerhalb von drei Tagen verlassen; sonst: Festungshaft. Unvergleitete Juden, deren „Ausschaffung“ innerhalb einer Woche angeordnet war, erhielten auf ihre Bitte die Erlaubnis (Nov. 1682), „daß Sie bis nechstverschienen Ostern alhier verbleiben und sich alsdann wegbegeben, aber vor jeden Tag und Nacht einen Dukaten erlegen sollen“.
Vor dem Hausvogt hatten die Juden fast noch größeren Respekt als vor dem Landesherrn. „Er war für sie — deutlicher als der Kurfürst und der Geheime Rat — das sicht-
109