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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
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Neuntes Kapitel.

Unter dem ersten preußischen Könige.

Als der Große Kurfürst aus dem Leben schied (1688), wußten die Juden, unter seinem Nachfolger Fried­rich III. würde ein Zeitalter erheblich größerer Abgaben ohne Erweiterung ihrer politischen Rechte heraufziehen. Denn Friedrich III. war prachtliebend wie kaum ein Hohen- zoller vor ihm. Als er unter dem Namen Friedrich I. (1701) den Kurhut mit der Königskrone vertauschte, glaubte er es an fürstlichem Glanz mit seinem Zeitgenossen L u d - wig XIV. aufnehmen zu müssen. Die Mark Brandenburg aber war arm. Sie vermochte die Kosten fürstlicher Hof­haltung mit glanzvollen Festlichkeiten, mit Hunderten nur dekorativer Höflinge, Trabanten und Lakaien, mit edlen Pferden und Karossen, mit Schauspieler- und Musikanten­truppen und anderem höfischen Requisit gewiß nicht aufzu­bringen; wurden doch außer Nahrungsmitteln, wie Tee, Kaffee, Schokolade, die Perrücken, Gold- und Silbersticke­reien auf Kleidungsstücken mit Steuern belegt. Daß ein großer Teil der erforderlichen Geldsummen zumal für Brandenburgs Beteiligung an vielen erfolglosen Kriegen aus den Abgaben der Juden bestritten wurde, ist selbstver­ständlich.

Schon die erste Regierungshandlung des neuen Kur­fürsten betraf die steuerliche Erfassung aller Juden seines Machtbereichs. Unvergleitete sollte es bei ihm nicht geben.

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