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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
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schlangen, plante die Regierung, gegen Einrichtung von je 50 Talern weitere Schutzbriefe auszugeben, den Privi­legierten den Bau von 200 Häusern gegen Abgabe von je 25 Talern zu gestatten, das Schutzgeld der Wohlhabenden um das Doppelte zu erhöhen, Eheschließung einem Juden nur für 20, einer Jüdin für 10 Taler zu erlauben. Gesetz­liches Alter: 30 bzw. 25 Jahre. Wer früher heiratet, zahlt für jedes Jahr 45, ein Mädchen 23 Taler. Bei der Ge­burt eines Knaben sollten die Eltern zehn, bei der einer Tochter fünf, bei unehelichen Kindern die doppelte Summe entrichten. Von der Mitgift sollte der Staat 36 Prozent einziehen. Diese neuen Belastungen hatten bereits in einem Reglement Gestalt gewonnen; doch schämte sich der human denkende König, seine Unterschrift darunter zu setzen. Ebenso verwarf er den Vorschlag eines Tribunalrates Lauwit, eine Stadt nur mit reichen Juden aus dem In- und Auslande (Holland) zu besiedeln, und darin jedes Zimmer, jede Kammer und jeden Stallbesonders hoch zu besteuern.

Die Einziehung des in zwei Raten zu zahlenden Schutz­geldes erfolgte durch den Gemeindevorstand. Zwecks mög­lichst gerechter Verteilung sollten die Vorsteher jedesmal vier Wochen vor dem Zahltag, unter Hinzuziehung des Rabbiners, die vergleiteten Juden je nach Vermögen in drei Klassen einteilen und danach den Anteil des Einzelnen an der Pauschalsumme bestimmen. Auch sollten sie streng darauf achten, daß kein vergleiteter Jude bei Strafe der Einziehung des Schutzbriefes mit einem unvergleiteten Glaubensgenossen Handel treibe, ihn beherberge oder be­köstige. Aufnahme eines Fremden über zwei Tage hinaus wurde mit einem Dukaten pro Tag und Nacht geahndet.

Die Vorstandschaft wurde unter dem Vorsitz des Haus­vogtes und in Gegenwart des Rabbiners immer auf drei

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