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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
Seite
129
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heben und den neuen Tempel zur einzigen Berliner Stätte des jüdischen Gebets zu erklären; sie würde den bisherigen Besitzern von Betsälen eine Abfindung, dem Könige aber noch überdem 3000 Taler erlegen. Der Monarch war zu­frieden. Als ihm die betr. Kabinettsorder zur Unterschrift vorgelegt wurde, strich er den Text durch und dekretierte:

haben noch nicht 3000 Taler gezahlt, wenn sie Sonntag nicht das Geldt an 2/3 Stücken an mir selber bringen, sol Liebmannin die schuhl haben. F. W.

Die Drohung wirkte.

Da der Tempel nicht höher sein sollte, als ein ein­stöckiges Bürgerhaus und andererseits die Anbringung einer Empore für die Frauen erforderlich war, half sich die Ge­meinde, indem sie das Gotteshaus unter das Niveau der Straße legte. Daher betritt man es nicht auf Stufen, die hinaufführen, sondern man steigt in den heiligen Raum hin­ab. Eine derartige Anlage sollte zugleich das Psalmwort (Ps. 130, 1) illustrieren:Aus der Tiefe ruf ich, Herr, zu Dir!"

Am Sabbat vor dem jüdischen Neujahrsfeste 1714 wurde der neue Tempel feierlich eingeweiht; er bildete nicht nur den Stolz der Gemeinde, die Zeitgenossen stellten ihn an Schönheit sogar der großen portugiesischen Synagoge in Amsterdam zur Seite! Jeder gebildete Fremde sah sich dies Gotteshaus an; in einem sehr guten Kupferstich wurde das Innere der Synagoge abgebildet.

Der Judenälteste Hirschel Benjamin Fränkel hielt die Weiherede. Vor Sabbatanfang hatte im neuen Tempel die Trauung der Tochter des Hof-Gold- und Silber­stickers Salomon Isaak stattgefunden. Zu dieser Feier war die Königin Sophie Dorothea mit ihrem Hofstaat in Begleitung von Ministern und anderen Würdenträgern erschienen; in zwanzig Kutschen waren die Herrschaften bei der Synagoge vorgefahren.