So gut es ging, wurde auch bei den Berliner Juden musiziert, nämlich am Purimfest. Da verkleideten sich jüdische Kinder als Ahasverus, Esther, Mordechai und Haman, „liefen am hellen Tage auf den Gassen umher und spielten in den Häusern der bemittelten Juden die Purimgeschichte in hebräischer Sprache, wobei sie sich „einer elenden Musik bedienten“. Da im Jahre 1706 Purim in die christliche Char- woche fiel, gab es „wegen des abenteuerlichen Herumlaufens der Judenjungen großen Anstoß bei den damals lebenden frommen Berlinern“. Die Polizei griff ein. Beermann Fränkel, bei dem die Komödie gerade gespielt wurde, mußte 20 Taler Strafe entrichten.
In Frankfurt a. O. veranstaltete die Judenschaft um Pfingsten einen Fackelzug mit Musik, vermutlich zur Begrüßung eines neuen Rabbiners oder zu irgendeinem Jubiläum.
Ungeachtet der vielfachen drückenden Abgaben, konnten die Juden in Berlin und in den Marken nicht nur ihrem Vergnügen, sondern vor allem ihrem bißchen Erwerb nachgehen. Kopfzerbrechen verursachte den Behörden nur immer wieder der Hausierhandel. „Zum Verderb der christlichen Handlung" liefen Juden — wie eine behördliche Verwarnung (1712) sagt — „mit ihren Weibern, Knechten und Jungen ungescheuet und öffentlich in den Städten und auf dem platten Lande herum".
Schlimmer war das zunehmende Bettel- und Durchreiseunwesen. Die Bevölkerung beschuldigte die in Frage kommenden Juden, sie hätten ansteckende Krankheiten ins Land geschleppt. Wahr ist, daß häufig arme Juden, Männer und Frauen, von Nah und Fern in die preußischen Staaten einwanderten und Aufenthaltserlaubnis verlangten. "Aus christlichem Erbarmen“ — stellt eine königliche Verordnung vom 25. Okt. 1712 fest — werde „diesem jüdischen, aus dem Betteln gleichsam ein Handwerk machenden Gesindel der
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