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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
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ten Juden überzusetzen oder ihm den Weg zu weisen, wi­drigenfalls sieam Leben gestraft, sonst aber in die Festun­gen geliefert und an die Karre geschlossen werden. Befinde sich in Berlin und anderswo bereits jüdisches Bettelvolk, so ist diesmit einem Zehrpfennig sofort abzufertigen. Schleicht sich ein bereits ausgewiesener Bettler anderswo wieder ein, so ist er, falls arbeitsverwendungsfähig, der nächsten Festung zu überweisen oder je nachdem mit dem Staupbesen aus dem Lande zu jagen. Wer ihn beher­bergt undgehegt hat, geht seines Geleits und Schutzes ver­lustig.

Werden unvergleitete Juden angetroffen, so ist zu unter­suchen, ob sie sich gut führen. Wenn ja, sollen sie einen Schutzbrief von den Orten erhalten,wo die Nahrung der Christen dadurch nicht geschmälert würde. Verarmte jü­dische Familien dürfe die Behörde auch ohne königlichen Schutz weiter in ihrem Orte dulden. Hier sollen sie auch fürderhindie Almosen ihres Volkes genießen. Befinden sich in einer Stadt mehrere arme jüdische Familien, so soll der Rabbiner im Einvernehmen mit den Vorstehern lei­stungsfähige Gemeinden mit weniger Hilfsbedürftigen um Verpflegungszuschüsse angehen. Diese Armen müssen sich aber dauernd in ihrem Wohnort aufhalten und dürfen nicht vom Betteln leben. Für strenge Innehaltung dieses Verbots wird der Rabbiner und das Vorstandskollegium verantwort­lich gemacht.

Trotz Steuerdrucks und mancherlei behördlichen Maß­regeln infolge ihrer Uneinigkeit bedeutete die Regie­rungszeit Friedrichs I. für die Juden Berlins, Brandenburgs und der übrigen preußischen Lande eine erfreuliche Etappe auf dem Wege zu Kultur und Wohlstand.

Sie begannen sich mit ihrer neuen Heimat zu verwurzeln.

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