Der oben gekennzeichnete Bekehrungseifer wies hier und da einen Erfolg auf. Es fanden Übertritte statt, allein — wie Ordensrat König behauptet — niemals aus Überzeugung, sondern „entweder aus Gewinnsucht, aus Haß und Rache gegen ihre Mitbrüder, denen sie Unglück zu bereiten suchten, um sich dadurch entweder zu rächen oder Ansehen bei den Christen zu verschaffen“. Die alte Erfahrung, daß die getauften Juden sich fast immer zu argen Judenfeinden auswachsen, fand auch in der Mark Brandenburg ihre Bestätigung.
In der Weihnachtszeit 1702 zeigte ein ehemaliger Jude, Christian Kahtz, an, die Juden pflegen in diesen heiligen Tagen Jesum zu lästern und als Anweisung hierzu ein im Besitz des Berliner Juden Spielmann Lewi befindliches hebräisches Buch „Maassé Tolui“ zu benutzen. Daraufhin ließ die Regierung durch „Landreuter“ eine Verfügung ausklingeln: Die Juden haben sich hinfüro solcher Lästerungen zu enthalten!
Unter wachsender Erbitterung horchte die Bevölkerung auf. Jeden Augenblick konnte sich das heraufziehende Gewitter in furchtbaren Ausschreitungen entladen. ln Stadt und Land waren die Juden ihres Lebens nicht mehr sicher.
Unterm 4. Januar 1703 erließ König Friedrich I. eine Verfügung an sämtliche Behörden seiner Staaten: „Ihr habt die Juden gegen Gewalt und öffentliche Kränkungen zu schützen. Ich habe bereits Meinem Rat und dem Advocato Fisci aufgegeben, die wider die Juden vorgebrachten Beschuldigungen mit Zuziehung einiger Theologen auf das Genaueste zu untersuchen, und will Ich, so dieselben wahr befunden werden, die Juden nach Gebühr scharf bestrafen, jedoch nicht zugeben, daß Mir von Partikulairpersonen in Meinem höchsten obrigkeitlichen Amte Eingriffe geschehen.“
Kahtz bekam einen Eideshelfer in der Person eines anderen getauften Juden, Franz Wenzel, in Küstrin.