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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
Seite
146
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"Alldieweil die Kaufmannsgilde aus ehrlichen und redlichen Leuten zusammengesetzet, also soll kein Jude, strafbarer Totschläger, Gotteslästerer, Mörder, Dieb, Ehebrecher, Meineidiger oder der da sonst mit öffentlichen groben Lastern und Sünden beflecket und behaftet, in unserer Gilde gelitten, sondern davon gänzlich ausgeschlossen sein und bleiben. Das Statut der Kaufmannschaft wies diesen Para­graphen noch im Jahre 1802 auf!

Obwohl der König fremden Juden mit einem Vermögen von 1000 Talern das Aufenthaltsrecht gewährte, stand er einer Vermehrung der jüdischen Bevölkerung nicht eben freundlich gegenüber. Eigentlich wollte er nur 120 Familien in Berlin dulden, nach deren Aussterben keine weiteren auf­nehmen. Wie viele dieser Verordnungen, stand auch das Re­glement von 1714 nur auf dem Papier.

Unnachsichtlich streng aber verfuhr er mit Unverglei- teten, mit Dieben und Betrügern. Polnische Juden, die sich in der Neumarkeingeschlichen hatten, wurden des Landes verwiesen. Ebenso Fremde, die sich länger als acht Tage in Berlin aufhielten. Die gleiche Strafe traf Geschäftsleute, die nach dem Ankauf von Waren merkten, daß diese ge­stohlen sind, und ihren Irrtum nicht sofort der Polizei mel­deten. Wer wissentlich gestohlenes Gut erwarb, büßte dies mit Auspeitschung und Aufprägung eines Brandmals auf die Stirn.

Da Friedrich Wilhelm I. ein Hofleben von spartanischer Einfachheit führte, hatte er an Brillanten, Gold- und Silber­waren keinen Bedarf. Während die Liebmannin jederzeit die Privatgemächer König Friedrichs I. unangemeldet be­treten durfte, untersagte ihr dessen Nachfolger den Zutritt zum Schloß, übelwollende vielleicht neidische Glau­bensgenossen klagten sie bei Friedrich Wilhelm I. der Über­vorteilung seines königlichen Vaters an. Eine strenge Unter­suchung bot zu strafrechtlichem Verfahren keine Handhabe.