sehr zu wünschen übrig. Wiederholt hatte der Vorstand ohne die vorgeschriebene königliche Genehmigung Anleihen aufgenommen. Die nicht unbeträchtlichen Steuereingänge, die Schenkungen, die Schächtgebühren, Gelder für die Vermietung der Tempelplätze usw. waren mangelhaft gebucht. Auch für die Kosten des Tempelbaus fehlte die Abrechnung. Dazu kam, daß ein Vorsteher manchmal auch wohl noch die Ämter eines Kassierers und Kassenkontrolleurs bekleidete. Von den 32 Gemeindeverordneten hatte das Judenkommissariat bereits drei abgesetzt und ihnen eine Strafe von zehntausend Talern aufgebürdet, die aber der König erst auf 8000, dann auf 6500 Taler ermäßigte. Die übrigen Ältesten sollten ihre Schuldlosigkeit an der Mißwirtschaft durch einen Eid im Tempel erhärten. Das verbot der König, weil, „ob es gleich Juden, Wir dennoch auch bei denen selben zu keinem Meineyd dadurch Gelegenheit geben wollen“.
Inzwischen hatte das neue Departement für jüdische Angelegenheiten bei der Regierung — Judenkommissariat genannt — begonnen, seinen Schutzbefohlenen menschlich etwas näher zu treten. Sie sahen in ihnen nicht mehr die Ausgestoßenen, Rechtlosen, widerwillig Geduldeten, sondern gehetzte, trotz mancher üblen Erscheinung ordentliche Menschen. Interesse an religiösen Dingen überhaupt, Neugier gegenüber dem Fremdartigen, Bekehrungseifer, die verschiedenen Prozesse um das Olenu, um Margalita und Eisenmenger, endlich die hebräischen Druckereien, hatten die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das jüdische Schrifttum gelenkt. Neben dem angeblich Anstößigen wurden auch Talmudauszüge bekannt, welche den hohen „Standard“ der jüdischen Ethik dartaten.
Einen sichtbaren Beweis für die von ihrer Religion gebotene Verpflichtung zu Werken der Barmherzigkeit gegenüber jedem Hilfsbedürftigen, gleichviel welches Glaubens
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