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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
Seite
153
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Der König hatte inzwischen der Stimme der Menschlich­keit Gehör geschenkt.

Wenn ein Schutzjude keine Söhne hat, aber seine Steu­ern beim Staat und bei der Gemeinde pünktlich bezahlt, so wird ihm jetzt das Recht zugebilligt, eine oder zwei seiner Töchter in seinen Schutzbrief aufzunehmen. Doch muß die erste Tochter wenigstens 1000, die zweite wenigstens 2000 Taler Vermögen besitzen falls nicht ihre Verlobten über solche Kapitalien verfügten. Die Vermögensverhältnisse der Brautpaare sind der Kriegs- und Domänenkammer vor der Eheschließungklar zu erweisen. Juden durften vor Er­reichung des 24. Lebensjahres nicht heiraten; ebensowenig war ihnen ohne besondere königliche Erlaubnis der Besitz von Häusern gestattet. Die Erlaubnisscheine für Trauungen brachten dem Staate jährlich 4800 Taler ein, welche der König der Rekrutenkasse, seit 1739 dem Militär-Waisen­hause in Potsdam überwies. Damit er mit dieser und jeder andern Judensteuer regelmäßig rechnen könne, erklärte er diejenigen, die ihr Schutzgeld nicht in der auf den Quartalsersten folgenden Woche pünktlich entrichteten, ihres Schutzbriefes für verlustig. Das Schutzgeld der ge­samten Judenschaft (15000 Taler) mußte auf fünf Jahre im voraus bezahlt werden.

Das Gesetz verbot den Juden die Ausübung von Hand­werken, mit Ausnahme des Fleischer- und des Graveur­gewerbes. Ohne daß es auf dem Papier stand, wurden auch Musikanten geduldet. Am Hofe Friedrichs I. durfte eine jüdische Künstlerin singen. Wenn Friedrich Wilhelm I. eins seiner vielen Kinder verheiratete oder eine andere Festlich­keit bei Hofe stattfand, verschönte sieeine hebräische Kapelle, welcher der König in heiterer Laune gelegentlich auch fröhlich zutrank.

Auch mit der vom Könige festgesetzten Anzahl der jü­dischen Familien, die er mit einem Schutzbrief ausstattete,