nahm es die Regierung nicht allzu genau. Statt der erlaubten 100 Familien blieben 180 in Berlin wohnen, die aber eine königliche Verfügung von 1737 auf 120 mit 953 Köpfen, nebst 43 Gemeindebeamten (234 Köpfe) einschränkte.
Auffällig ist die große Zahl der Gemeindebeamten. Unzweifelhaft haben sich viele Juden als Kantoren, Schulmeister und Synagogendiener ausgegeben. Wie jeder Geschäftsmann, hat sich auch jeder dieser „Beamten“ einen Knecht und zwei Mägde halten dürfen, die er vermutlich dem Kreise seiner eigenen Freunde oder Verwandten entnahm. Der Gemeindevorstand hat diesen Mißbrauch des vom Könige gewährten Asylrechts weder gebilligt noch ihm etwa Vorschub geleistet — er hätte sich damit sein eigenes Grab gegraben!
Aufgewachsen im Pietismus eines F r a n c k e und S p e - ner, war Friedrich Wilhelm I. ein strenggläubiger, frommer Mann. Wie alle seine Gesinnungsgenossen in damaliger Zeit sah er die Bekehrung der Juden als christliche Pflicht an. Aber einen Zwang auszuüben, war seinem ehrlichen Charakter zuwider. Einst fragte er Herren aus seiner Umgebung, wie es käme, daß die Juden nicht Christen würden; sie sehen doch, daß der Messias bereits gekommen sei? Antwort: „Wenn die Juden aufhören würden, ihrem alten Glauben anzuhangen, könnten sie nicht mehr so hohe Zinsen nehmen, sondern müßten sich — wie die Christen — mit 5 oder 6 Prozent begnügen.“
Das hielt der König für wahr. Zugleich aber forschte er, wie hoch der Prozentsatz sei, zu welchem die jüdischen Geldleute Kapitalien ausleihen. Er erfuhr, der Große Kurfürst habe ihnen das Recht auf 24 Prozent eingeräumt. Friedrich Wilhelm I. setzte den Zinsfuß auf 12 herab. Zinseszinsen durfte kein Geldverleiher nehmen, Pfänder — laut Reglement von 1727 — erst nach zwei Jahren ver-
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