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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
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Seite
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kaufen. Es war beabsichtigt, die gesamte Judenschaft für etwa vorkommende Fälle von Betrug und Diebstahl in ganz Preußen haftbar zu machen dann hätte der Staat für etwaige geschäftliche Verfehlungen der minderbemittelten Juden im Osten der Monarchie sich an den Wohlhabenden der Berliner Gemeinde schadlos gehalten! Es gab nämlich bereits eine reiche Oberschicht in Berlin: unter den 120 Fa­milien, die die Verfügung von 1737 erlaubte, waren nur zehn die ein Vermögen unter 1000 Talern besaßen. Alle übrigen hatten bis 20000 Taler und mehr. Das von den Vorfahren aus Wien Eingebrachte hatte sich vermehrt, weil die Men­schen im Geiste des Judentums bescheiden und sparsam lebten, weder Bälle besuchten noch der Modetorheit hul­digten. Man wohnte sehr bescheiden; man kleidete sich noch bescheidener, aber man legte Wert auf gute Verpfle­gung, namentlich an Sabbaten, Feiertagen und bei Festlich­keiten. Doch ordnete der Gemeindevorstand an, kein Gast­geber dürfe hierbei mehr als dreißig Paare bewirten.

Wenn auch der König dem Vorstande die Bitte um Voll­macht zu Exekutionen nicht erfüllte, so war doch das Kol­legium im Besitz einer fast diktatorischen Gewalt. Kein Ge­schäftsmann durfte sich mehr als zwei besoldete Angestellte halten. Jungen Kaufleuten erlaubte die Gemeinde die Ehe­schließung mit einer Berliner Jüdin erst nach dreijähriger Condition in anderen Städten. Auswärtige Schriftsteller durften nur mit Genehmigung des Gemeindevorstandes eine Subskription auf eins ihrer Werke wie es damals üblich war unter den Gemeindemitgliedem eröffnen. Wander­prediger durften im Tempel eineDerascha (Schriftaus­legung) halten, durchreisende Kantoren sich nur dann hören lassen, wenn das Rabbinat hierzu seine Genehmigung er­teilte. Sonst aber durfte das Rabbinatskollegium nur in Belangen des jüdischen Zeremonialgesetzes Entscheidungen