gestattet Einzelnen die Ansiedlung sowie die Zusammenkunft zu gemeinsamem Gebet.
Das Geistesleben nimmt einen ungeahnten Aufschwung. Erfindungen und Entdeckungen werden zu Zwecken der neu entstehenden Industrie ausgewertet. Allenthalben erstarkt die politische und militärische Macht. Die Kosten hierfür gewinnt der Staat durch Steuern, die er für die Erzeugnisse der Manufakturen und Fabriken erhebt. Vermögende Christen sind mit der Hergabe von Geld zu Fabrikgründungen zaghaft. Juden überschauen sogleich die Gewinnmöglichkeiten, greifen wagemutig zu und suchen um Privilegien nach. In seinem Interesse sichert sich der Monarch die Söhne Israels als seine Mitarbeiter an diesem — ertragversprechenden — inneren Kolonisationswerk. Mit den Erzeugnissen des Unternehmers zieht der jüdische Hausierer — wenn es ihm erlaubt wind — von Ort zu Ort.
Wie in Friedrich Wilhelm I., so wogten auch im Herzen seines Sohnes Friedrich d. Gr. den Juden gegenüber widerstreitende Gefühle. Kanaans Volk war ihm nicht sympathisch und sollte aus seinen Landen und aus seinem Blickfeld verschwinden. Daher die beständigen Vorschriften über das „Ansetzen“ eines Kindes mehr oder weniger. Andererseits waren ihm die Juden als Hilfskräfte für die aufkommende Industrie, ebenso als gute Steuerzahler unentbehrlich. Als tüchtigem Landesvater lag Friedrich d. Gr. weniger ein gewaltiger Länderzuwachs, als vielmehr der wirtschaftliche Aufstieg des Preußenvolkes am Herzen. Er war ein zu guter Rechner, um nicht den Vorzug des Merkantilismus gegenüber der Agrarwirtschaft einzusehen.
Infolge seiner Kriege um den Besitz der Provinz Schlesien, die seine ganze Tatkraft in Anspruch nahmen, verblieb ihm — wenigstens in den ersten Jahren seiner Regierung — zu einer Revision und etwaigen Neugestaltung der die
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