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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
Seite
164
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vor der Mendelssohnzeit wanderte ein Prager Arzt (Dr. Kisch) ein.

Durch allerlei Beschränkungen und Hindernisse dämmte das Generalprivileg die Unternehmungslust der Juden ein. So durften junge Juden zu Lebzeiten ihrer Eltern kein selb­ständiges Geschäft eröffnen; statt dessen wurden sie unter dieAußerordentlichen eingereiht. Verehelichung war nur mit einer Landsmännin gestattet; mit einer Ausländerin nur dann, wenn sie über ein großes, in den preußischen Landen anzulegendes Kapital verfügte. Erlaubt blieb nur der Handel mit Kleinkram und das Beleihen von Pfändern. In Berlin besaßen 40 Juden eigene Häuser das neue Gesetz verbot weiteren Grundstückserwerb*). Zureisende Juden durften die Residenzstadt, nach scharfer Kontrolle, nur durch ganz be­stimmte Tore betreten.

Von 1745 ab wurde die Belieferung der Staatlichen Münze mit Silber der gesamten Judenschaft auferlegt. Sie mußten eine bestimmte Menge jährlich zu einem festen Preise liefern, der niedriger war als der sonst übliche. Der damit verbundene Verlust sollte ein Entgelt dafür sein, daß die Juden während des Krieges an Heereslieferungen und an der Generalpacht des gesamten Münzwesens Geld ver­dienten.

Als besonders drückend und entehrend empfand die Judenschaft das ins Generalprivileg aufgenommene Fortbe­stehen des Zwanges zur Gesamthaftbarkeit für die von Glaubensgenossen etwa begangenen Diebstähle sowie für Hehlerei. Neunzehn Jahre lang war kein Fall vorgekommen, in dem die Regierung die Gemeinde hätte haftbar machen können da ereignete sich (1769) ein Diebstahl, an dem leider auch Juden beteiligt waren. Sofort beschuldigte

*) Nach dem Siebenjährigen Kriege erlaubte der König den Juden den Besitz von 70 Häusern.