Dreizehntes Kapitel.
Jüdisches Leben in der friderizianischen Zeit.
Als Rahel Levin längst dem Judentum den Rücken gekehrt hatte, wies sie in Paris auf die hohe Kultur ihrer Berliner Volksgenossen hin, die sie mit Stolz als „die Juden Friedrichs des Großen“ kennzeichnete.
Welche unverwüstliche Lebenskraft hat die Judenschaft in seinen Staaten offenbart! Ein Generalprivileg — ein Ausnahmegesetz über das andere — gesetzliche Beschränkung der natürlichen Fruchtbarkeit — vom Kulturleben der Umwelt ausgeschlossen — auf Schacher und Trödel angewiesen — Behörden dulden stillschweigend, „wie der Pöbel Kanaans
Volk entmenscht“ (Klopstock) und doch bedeutet die
Berliner Gemeinde unter der Regierung des großen Königs einen beachtlichen Faktor im wirtschaftlichen und geistigen Leben der Residenz. Durch Fleiß und Unternehmungslust werden Juden reiche Fabrikbesitzer. Ihre eigenen Häuser*
*) Das schönste Privathaus Berlins, Poststraße 16, am Mühlen- damm, gehörte Veitei Ephraim, Oberältesten der Judenschaft von 1750—1775. Dies Palais „mit seinen Säulen, seinen von Konsolen getragenen Balkons, mit schönen, schmiedeeisernen Gittern, mit der gewundenen Holztreppe, mit dem sog. chinesischen Zimmer, mit seinen in Holz getäfelten, ganz bunt bemalten Wänden“, das Ephraim 1761 erwarb und ausbaute, beherbergte später das 1795 gegründete Bankhaus Abraham Mendelssohn (heut Mendelssohn & Co.). Im Jahre 1843 ging das Haus in den Besitz des Staates über; heut gehört es der Stadt Berlin. — Als erstes Berliner Haus wies das Itzigsche Palais eine Badestube auf.
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