sich als Oberschule ein Beth-ha-Midrasch. Die Schulmeister, strenge Leute, waren nur vereinzelt imstande, einen hochdeutschen Satz richtig auszusprechen oder gar niederzuschreiben. Dennoch haben sie — oft bei unzureichender Entlohnung — ihren Zöglingen tüchtige Kenntnisse in Bibel und Talmud zugeführt.
Nach außen wollten die Gemeinden nicht auffallen; außerdem verfügten sie auch nicht über die zum Bau einigermaßen prunkvoller Tempel erforderlichen Mittel. Der — in der Provinz — schmucklose Bau, meist im Hof eines Bürgerhauses gelegen, wurde nicht einmal tadellos sauber gehalten. Statt der Bänke hatte jeder einen Stuhl mit einem verschiebbaren Pult. Als schlecht bezahlter Mietling stand der Kantor in nicht besonders hohem Ansehen. Er trug auch kaum zur Gemütserhebung bei, wenn er die seit Jahrhunderten üblichen Melodien durch angebliche Koloraturen verschnörkelte. Mit dem Vorbeter mitzusingen, ihn wohl gar zu überschreien, galt als nicht anstößig. In Brandenburg ließ die Polizei im Tempel ein Störungsverbot anschlagen. Als „Frevler“ dies beseitigten, bat der Vorstand um eine abermalige Polizeiverordnung, „in welcher Ruhestörung, unangemessenes Betragen oder Vorsingen des Kantors mit einer namhaften Strafe belegt werden“. Die Berliner Gemeinde hielt schon damals gute Kantoren. „Weitberühmte“ Oberkantoren wurden auch zu auswärtigen Feiern berufen (vgl. S. 167). Dem Oberkantor stand ein Unterkantor zur Seite, der die Bassisten und Diskantisten („Meschorrerim“) dirigierte; sie standen zu beiden Seiten des Vorbeters. Die Berliner Gemeinde ist gut organisiert. Ihr Vorstandskollegium, die „Ältesten“, unterstand einem vom König ernannten Oberältesten; doch besaß dieser keinen Vorzug vor den anderen Ältesten. Er war nur der „primus inter pares“. Eine königliche Kabinettsorder von 1756 machte dem Vor-