unterzeichnete aber auch sein christlicher Kollege) und der „Judenbriefträger“, der gegen ein vom Staat gewährtes Gehalt die Postsachen für die Juden auf dem Postamt in Empfang nahm und austrug. In Potsdam war dies zehn Jahre lang der Kantor (Meyer Isra el). Da ihm die Gemeinde nur ein kleines Gehalt zahlte, konnte er nicht einmal die Kosten für die Bescheinigung des Porzellanempfangs erschwingen (1 Taler 16 Groschen) — die Postdirektion schoß sie ihm vor.
Wo immer auf dem weiten Erdenrund Juden sich zu einer Gemeinde zusammenschließen, gilt ihre erste Sorge nicht dem Tempelbau — zum Gottesdienst genügt zuerst eine Stube —, sondern der Totenbestattung (vgl. S. 114). Zur Erfüllung dieser Aufgabe, aber auch zur Pflege der Kranken, bei Unbemittelten zur Beschaffung der ärztlichen Betreuung und der Arzneien, sowie zur Unterstützung der Armen mit Brennstoff, warmer Kleidung und Miete schließen sich fromme Männer zu einer „Chewra Kadischa“ („Heilige Bruderschaft“) zusammen.
Erkrankte ein Gemeindemitglied oder ein Durchreisender, so nahm sich der Vereinsvorstand seiner an. Die Mitglieder der Chewra waren zur Krankenwache verpflichtet und wurden durchs Los bestimmt. Wollte kein Gemeindemitglied die Wache bei einem erkrankten Ortsfremden übernehmen, so wurde irgend ein anderer Jude gegen ein Honorar von vier Groschen herangezogen. In Brandenburg a. d. H. mußten die Mitglieder der Chewra allsabbatlich nachmittags einem Lehrvortrage beiwohnen; Versäumnis wurde mit einem Taler Strafe geahndet.
Ein anderer Männerverein widmete sich der Unterstützung armer Leidtragender, die doppelt arm sind, wenn sie während der sieben Tage ihrer tiefsten Trauer ihr Haus nicht verlassen, „Schiwa sitzen“ und nichts verdienen.