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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
Seite
185
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Jeder Arme, der sich am Freitag bei ihm meldete, bekam einen solchen Zettel und war der Gast desjenigen, dessen Name auf dem Zettel stand. Es kamen oft so viele, daß jedes Mitglied ihrer zwei zu verpflegen hatte. Selbst die­jenigen, welche die ganze Woche hindurch mit demPäk- kele von Dorf zu Dorf hausieren gingen und denen das Stückchen Brot selber nur spärlich zugemessen war, ver­pflegten die durchreisenden Armen nicht nur vom Freitag bis Sonnabend abends, sondern gaben ihnen am Sonntag noch einen Zehrpfennig mit auf den Weg. Leider gab es auch Schnorrer von Beruf, die sich mehrmals im Jahre ein­stellten!

Wen im Wirtschaftsleben das Glück begünstigte, der hielt sich Hausgehilfen, was natürlich der behördlichen Ge­nehmigung bedurfte. Der Potsdamer Vorstand verbot das Halten von mehr als einem Hausangestellten. Wie die Ber­liner Gemeinde als Höchstzahl von Hochzeits- oder Gesell­schaftsgästen 30 Paare festsetzte, so verbot Potsdam das Aufstellen eines Tafelaufsatzes oder einer Pyramide von Baumkuchen oder eines polnischen Pfefferkuchens (Pole- wiec).

Da die Judenheit allezeit Eheschließungen als die beste Bürgschaft für die Zukunft des Judentums ansah, erwuchs auch fast in jeder Gemeinde neben dem Frauenverein einVerein zur Ausstattung armer Bräute. Wenn die Juden zu allen Wohltätigkeitsinstituten reiche Spenden beisteu­erten, erfüllten sie einfach das Grundgebot ihrer Sittenlehre Liebe deinen Nächsten wie dich selbst! (3. Buch Mos. 19,18). Veitel Ephraim und Daniel Itzig errichteten ein jüdisches Armenkinderhaus, hauptsächlich zwecks Talmud­studiums. Vierzehn wohltätige Stiftungen erblühten unter Friedrich dem Großen im Schoße der Berliner Jüdischen Gemeinde.