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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
Seite
236
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Unterschrift unter die Urkunde, welche die einstigen Kammerknechte, die bisherigenSchutzjuden undFrem­den, inEinländer und preußische Staatsbürger um­wandelte.

Alle Beschränkungen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit wurden aufgehoben. Artikel 8 bestimmte sogar:Die Juden können akademische Lehr- und Schul-, auch Gemeindeämter, zu welchen sie sich geschickt gemacht haben, verwalten. Artikel 9:Inwiefern die Juden zu anderen öffentlichen Bedienungen [Beamtenstellen] und Staatsämtem zugelassen werden können, behalten wir uns vor, in der Folge der Zeit gesetzlich zu bestimmen.

Während in Württemberg nach französischem Vor­bild auch die Synagogen- und Schulverhältnisse in neuen Judenordnungen geregelt wurden, verhieß das preußische Gesetz:Die nötigen Bestimmungen wegen des kirchlichen Zustandes und der Verbesserung des Unterrichts der Juden werden Vorbehalten, und es sollen bei der Erwägung der­selben Männer des jüdischen Glaubensbekenntnisses, die wegen ihrer Kenntnisse und Rechtschaffenheit das öffent­liche Vertrauen genießen, zugezogen werden.

Die angedeutete Regelung der religiösen Angelegenheiten etwa im Sinne einer Konsistorialverfassung nach fran­zösischem Vorbilde ist nicht erfolgt. Auch deshalb nicht, weil von den Altgläubigen Nachgiebigkeit nicht zu erwarten war, bei denNeuerern aber der Glücksrausch über die errungene bürgerliche Gleichstellung das Interesse für das Religiöse zurzeit wenigstens in den Hintergrund drängte.

Mit der inhaltslosen Redensart von demgrellen Licht, das die aus jahrhundertelanger Knechtschaft angeblich be­freiten Judenblendete, ist die ungeheure Umwälzung, welche sich im Denken und Empfinden des Juden von 1812 vollzog, nicht abgetan. Eine neue Welt wars, die sich ihnen