mehr oder minder starken Judenhaß, der sich nicht bloß in haßerfüllten Theaterstücken und Flugschriften, sondern auch in tätlichen Angriffen und Schmährufen, wie „Hep hep! Jud’ verreck!“, austobte. Glücklicherweise blieb die Mark mit den beiden Residenzstädten — wie überhaupt Preußen — von solchen Ausschreitungen verschont.
Die Juden Berlins blieben jedoch nicht teilnahmslos gegenüber den Leiden ihrer Brüder in Franken, Hessen und am Rhein. Mutig kämpften sie für ihr Recht. Den beiden bereits zur herrschenden Kirche übergetretenen Dichtern Börne und Heine, die in ihren Satiren das neuerwachte Mittelalter und dessen Wortführer geißelten, gesellten sich wohlwollende, angesehene Christen zu, doch machten viele von ihnen die Loslösung der Juden von ihrem nachbiblischen Schrifttum zur Bedingung für ihr Eintreten.
Rufer im Streit waren die meisten der 1824 zum ersten Male zusammentretenden Provinziallandtage, die „Abschlagszahlung“ des Königs auf die von ihm dem Volke versprochene Verfassung. So verlangten die märkischen Stände Schließung der jüdischen Schulen, Verbot des Ankaufs von Gütern und der Niederlassung in kleinen Dörfern, Beschränkung des Häusererwerbs. Feldmesser- und Apothekerberuf wurde für staatlich erklärt und den Juden entzogen. Von 1822 ab wurde in Berlin auf Jahre hinaus kein Jude mehr zum Stadtverordneten gewählt.
Schlimm war die Lage der Juden in den brandenburgi- schen Landesteilen, die von 1806—12 zu Sachsen gehört hatten, z. B. Kottbus. Hier schmachteten sie nach wie vor unter der entwürdigenden (sächsischen) Judengesetzgebung von 1772, denn das Emanzipationsedikt von 1812 sollte nur an den Orten Geltung haben, deren Behörden es bei seinem Inkrafttreten veröffentlichten. Juden also, die in Kottbus wohnen wollten, bedurften der Aufenthaltsgenehmigung seitens des Magistrats. Noch 1832 wurde diese in folgender
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