Versammlungen der Juden bestimmte Ort. Dem Übelstande, daß die meisten hiesigen Juden die hebräische Sprache nicht verstehen, kann dadurch abgeholfen werden, daß sie sich in der Synagoge eingeführte Gebete und Gesänge ins Teutsche übersetzen lassen, um für sich in der Synagoge nachlesen zu können, was laut in der hebräischen Sprache vorgebetet oder abgesungen wird.“
Beer wußte sich zu helfen. Da die Haupt- (Alte) Synagoge gerade umgebaut wurde, gab er seinen Tempel als Interimssynagoge her. Der König genehmigte dies, unter Verbot der „Einmischung von willkürlichen Neuerungen“.
Inzwischen hatte die neue Richtung ständig an Anhängern zugenommen. Unter Beibehaltung vieler hebräischer Stücke schufen die Führer ein Gebet- und ein Gesangbuch. Da die Altgläubigen auf die Interimssynagoge angewiesen waren und die „Neuerungen“ in der sephardischen Aussprache der Thoravorlesung, in der Verdeutschung der hebräisch vorgetragenen Gebete, in Predigten „mit weihevollem Inhalt“ (nicht mehr in talmudischen Vorträgen) sowie in Orgelbegleitung der Gesänge bestanden, blieben sie diesen Gottesdiensten im Beerschen Tempel fern. Auf einen Kompromiß ließen sie sich nicht ein. Kurzerhand erhoben sie Beschwerde beim Könige.
Friedrich Wilhelm III. war ein pietistisch-frommer Mann. Wie er in der Landeskirche für die Beibehaltung des Althergebrachten eintrat — in dem Streit um Einführung einer neuen Agende ließ er sogar eine Flugschrift erscheinen —, so wollte er auch den Juden keinerlei Neuerungen ihres Gottesdienstes zugestehen: je unfeierlicher und ungeregelter die jüdische Andacht vor sich ging, desto eher war von den feingebildeten Berliner Juden eine Geneigtheit zum Anschluß an die Landeskirche mit ihrer musikalisch ausgestalteten öffentlichen Gottesverehrung zu erwarten. Darum verbot die Regierung den Juden alle Neuerungen, die wie
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