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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
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Königlichen Porzellanmanufaktur. Unter den Mitgliedern der Bürgerwehr, die in der Nacht vom 18./19. März beim Könige Friedrich Wilhelm IV. Wache hielten, be­fanden sich zwei Juden. Bei der Trauerfeier für die März­gefallenen, auf dem Gendarmenmarkt, hielt neben dem Pre­diger Sydow und dem katholischen Geistlichen auch Mi­chael Sachs eine Predigt.

Der Freiheitssturm von 1848 fegte das Judengesetz des Vorjahres bis auf die Gemeindeverfassung, die noch heute die Grundlage der Gemeindeverwaltung bildet hin­weg. Wie das Deutsche Parlament in Frankfurt a. M., das gleich in seinen ersten Sitzungen die Unabhängigkeit der bürgerlichen Rechte von der Glaubenszugehörigkeit ver­kündete, Juden in seinen Reihen sah (Gabriel Riesser), war auch der Vizepräsident der Preußischen Nationalver­sammlung in Berlin ein Sohn Israels (Raphael Kosch).

Schon beraten allenthalben Juden über den Zusammen­schluß zu einer Gemeinde da ordnet am 15. Juni 1848 eine Ministerialverfügung an, mit der Bildung von Syna­gogenbezirken noch nicht vorzugehen, vielmehr anderweitige Anordnungen abzuwarten. Warum? Der Breslauer Ge­meindevorstand hatte sich bei der Regierung beschwert, das Judengesetz sei in mehrfacher Beziehung mit den Bestim­mungen der Verfassungsurkunde nicht vereinbar. Daher erachtete es der Kultusminister Eichhorn für notwendig, die Vollendung der Grundverfassung des Staates abzu­warten, um danach zu beurteilen, welche besonderen Be­stimmungen er bezüglich der Verhältnisse der Juden etwa noch treffen könne.

Die neue Verfassung wurde unterm 31. Januar 1850 er­lassen. Da sie aber über die Angelegenheiten der Juden nichts Wesentliches enthielt, blieben sie in der Schwebe, bis das Kultusministerium im Frühjahr 1853 die Bildung von Synagogenbezirken anordnete.

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