Druckschrift 
Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
Seite
273
Einzelbild herunterladen

ein aus der Selbstveredlung des Einzelnen, der Aufklärung und dem guten Willen des Menschengeschlechtes erwachsen­des Reich der Liebe, der Gerechtigkeit und des Friedens.

Als Holdheim 1860 starb, widmete ihm die Berliner Hauptgemeinde ein Ehrengrab. Diesen Akt der Anerken­nung nahm Michael Sachs dem Vorstande so übel, daß er sein Amt niederlegte. Er zog sich ins Privatleben zurück und setzte seine rege literarische Tätigkeit fort: Gedichtband Stimmen vom Jordan und Euphrat, Festgebete der Israe­liten, Übersetzung des täglichen Gebetbuchs; eine zwei­bändige Sammlung seiner Predigten wurde erst nach seinem Tode (1864) gedruckt.

Auf dem von ihm betretenen radikalen Wege fand außer­halb Berlins Holdheim in Deutschland keine Nachfolger. Namentlich wagten es die Rabbinerversammlungen der vier­ziger Jahre nicht, sich mit seinen Anschauungen und Maß­nahmen zu identifizieren. Zu stark waren die Gemeinden mit dem Althergebrachten verwachsen; traten doch auch im Lager der Orthodoxie Männer von echter Frömmigkeit und gediegener Allgemeinbildung, wie , Zacharias Frankel für ein neues Judentum, wie sie es auffaßten, ein. Ohne Religionsgesetze preiszugeben und unter Beibehaltung der altehrwürdigen Gebetssprache, verliehen nunmehr auch viele reformgegnerische Gemeinden ihrem Gottesdienste durch Chorgesang und Orgelbegleitung eine erhöhte Weihe. Pflegestätte einer gemäßigten Orthodoxie wurde das aus einer Stiftung des Kommerzienrats 4 Jonas Fränke l 185 gegründete Jüdisch-Theologische Seminar in Breslau, dessen Leitung Zacharias Frankel übernahm. Frankel hatte eine Berufung nach Berlin abgelehnt. Er wollte sein Amt wie gesagt nur aus der Hand der Regierung entgegennehmen. Das konnte aber nur geschehen, wenn der Staat die Juden- heit in Preußen von einer nurgeduldeten Konfession zum