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Geschichte der Juden in Berlin und in der Mark Brandenburg / von Eugen Wolbe
Entstehung
Seite
279
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feindlicher Kreise gegen verbriefte Rechte vorbei. Die Mi­nister des Innern und des Unterrichts erließen am 13. No­vember 1860 eine Verfügung: die Regierung steht auf dem Standpunkt, daß der Zutritt von Israeliten zu öffentlichen Ämtern nicht mehr nach dem Judengesetz von 1847 zu be­urteilen ist, sondern gemäß Art. 109 (welcher nur die Bei­behaltung der Gesetze vorschreibt, die der Verfassung nicht zuwiderlaufen).

Der freiheitliche Wind derNeuen Ära fegte Be­schränkungen der fünfziger Jahre hinweg. Zunächst ließ der Justizminister unterm 21. Mai 1861 Juden wieder zur Referen­dariatsprüfung zu; der Handelsminister übernahm die jü­dischen Feldmesser wieder in den Staatsdienst. Nur das Richteramt blieb den Juden verschlossen, zumal dem Könige, ebenso seinem Sohne, dem späteren , Kaiser Friedrich die Anstellung jüdischer Richter widerstrebte.

Als infolge der siegreichen Kriege von 1864 und 1866 ein Teil der deutschen Länder sich zum Norddeutschen Bunde zusammenschloß und die sie leitenden Staatsmänner, in Würdigung der Hingebung der gesamten Bevölkerung für das Wohl des Vaterlandes, von ihrem bisherigen Stand­punkt abgingen, wurde am 20. April 1868 von dem mecklen­burgischen Abgeordneten Wiggers im Norddeutschen Reichstage der Antrag auf staatsrechtliche Gleichstellung aller Bekenntnisse eingebracht, am 24. Mai wiederholt. Keine der wenigen Parteien erhob Widerspruch. So konnte am 3. Juli 1869 das Gesetz verkündet werden, das den Schlußstein auf dem Befreiungswege der preußischen Juden darstellt:Alle noch bestehenden, aus der Verschiedenheit des religiösen Bekenntnisses hergeleiteten Beschränkungen der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte werden hier­durch aufgehoben. Insbesondere soll die Befähigung zur Teilnahme an der Gemeinde- und Landesvertretung und zur