Körperschaften und deren Einzelausschüssen leisteten Juden fleißige, dankbar anerkannte Arbeit; in Berlin z. B. war Dr. Strassmann jahrelang Stadtverordnetenvorsteher.
Zwecks Zusammenfassung der Gemeinden zu gemeinsamer Wohlfahrts- und Erziehungsarbeit wurde im Juni 1869 die Gründung des „Deutsch-Israelitischen Gemeindebundes“ beschlossen, der sich jedoch erst nach dem Kriege konstituierte. Über ein halbes Jahrhundert hat er für die kleineren Gemeinden, für deren Rabbiner und Lehrer durch Zuschuß- und Pensionskassen segensreich gewirkt. (Seine Aufgaben übernahm später der „Preußische Landesverband“, der sich 1925 der „Reichsvertretung der Juden in Deutschland“ als Dachorganisation unterstellte.)
Die den Gottesdienst betreffenden Auseinandersetzungen im Schoße der einzelnen Gemeinden dauerten fort. Dank der allgemeinen Befriedung des jüdischen Lebens gingen sie nunmehr ohne Schärfe vor sich; man hatte sich eben mit der Spaltung in zwei Parteien abgefunden.
Der Vorstand der Berliner Gemeinde war reformfreundlich. Nachdem sich die Anstellung des Rabbiners Dr. Joseph Aub aus Mainz (1866) als ein Fehlschlag erwiesen hatte, suchte er — verwöhnt durch Michael Sachs — einen ebenso redegewaltigen zweiten Rabbiner. Die Wahl fiel auf Abraham Geiger. Er hatte inzwischen in Frankfurt a. M. und Breslau amtiert und eine Schwenkung vom traditionsfeindlichen Radikalismus zu einer auf geschichtlicher Grundlage ruhenden Reform vollzogen. Geiger nahm die Wahl unter der Bedingung an, daß in Berlin eine parteilose theologische Hochschule errichtet und ihm dort ein Lehramt übertragen würde (was auch geschah). Während sich bei seiner Einführung liberale Beter im Vorhofe der Neuen Synagoge vor Freude umarmten, empfanden die Orthodoxen Geigers Wahl als einen Schlag ins Gesicht. Ein „exaltierter“ junger Mann protestierte sogar laut, als Geiger die Kanzel