auf. Da aber die Berliner Juden dem Meister seine Schrift „Das Judentum in der Musik“ übelnahmen, herrschte unter ihnen eine gewisse Voreingenommenheit . Dagegen löste Max Liebermanns erster großer Treffer „Der zwölfjährige Jesus im Tempel“ — der typische Judenknabe im Tallith von den Nichtjuden vielfach als Blasphemie empfunden — ungeteilte Anerkennung aus. Als Sohn einer alteingesessenen Berliner Familie verknüpften den jungen Maler freundschaftliche und gesellschaftliche Bande mit den angesehensten Mitgliedern der Gemeinde, mit den Bleich- röders, Magnus, Reichenheims, Manhei- mers, Straßmanns, die auch in der öffentlichen Wohlfahrtspflege eine Rolle spielten. In ihren Salons gab sich die vornehme Welt der Hauptstadt ein Stelldichein.
Die Judengegner entfalteten (1878) einen erfolgreichen Werbefeldzug. Ratlos stand ihm der in Berlin wohnhafte, repräsentative Teil der deutschen Judenheit gegenüber. Männer wie Berthold Auerbach, der ein Jahrzehnt vor dem Kriege nach Berlin übergesiedelt war, Steinthal und Lazarus, der große Kliniker Traube, der Jurist Levin Goldschmidt (der erste jüdische Ordinarius an der Berliner Universität), der Volkswirtschaftler Max Hirsch, die Parlamentarier Ludwig Bamberger und Eduard Lasker u . a. erließen wohl Aufrufe; den Kampf für ihr Recht führten jedoch nichtjüdische Gelehrte, z. B. Gneist, Virchow und Mommsen. Der Jenenser Biologe M. J. Schleiden schrieb seine beiden Werke „Die Romantik des Martyriums der Juden des Mittelalters“ und „Die Bedeutung der Juden für die Kultur“. Demgegenüber schleuderte Treitschke sein Bekenntnis: „Die Juden sind unser Unglück!“ in die Welt hinaus.
Wie verhielt sich die Regierung? Wohlwollend stellte sich Bismarck vor die deutschen Juden; hatte er doch auf dem Berliner Kongreß zur Regelung der orientalischen Frage